Ron, „Outlander“ ist eine außergewöhnliche Serie, auch weil sie schwer zu kategorisieren ist. Wie würden Sie die Serie beschreiben?

Die Serie wie auch das Buch ist in der Tat schwer zu kategorisieren. Es hat Züge einer romantischen Geschichte, aber als ich die Serie gepitcht habe, sprach ich beispielsweise immer von einer Abenteuer-Serie. Wir erleben eine Frau, die eines Tages nach dem 2. Weltkrieg in die schottischen Highlands fährt, plötzlich in der Vergangenheit landet und versucht wieder nach Hause zu finden. „Outlander“ erzählt von den Abenteuern und Menschen auf diesem Weg.

Also ein Fantasy-Abenteuer?

Es ist definitiv mehr eine Period-Drama-Serie als es eine Fantasy- oder SciFi-Produktion. Das einzige SciFi bzw. Fantasy-Element ist die Zeitreise. Dann aber erzählt „Outlander“ von einer Welt, in der keiner vorn uns gelebt hat und niemand echte Erfahrungen sammeln konnte. Ich wusste jedenfalls nicht viel über Schottland im 18. Jahrhundert. Das gilt wohl für fast alle von uns. Deswegen funktioniert die Serie auch international so gut, weil wir alle von einer Welt erfahren, die nicht unserem Alltag entspricht. Die Faszination des Unbekannten teilen wir.

Erklärt das auch, warum jemand der vorher „Star Trek“ und „Battlestar Galactica“ gemacht hat, jetzt „Outlander“ produziert?

Ein guter Punkt. In gewisser Weise haben die Serien dieses Element einer uns fremden Lebenswirklichkeit gemein.

Nur dass sich die Zielgruppen der Serien unterscheiden. „Outlander“, basierend auf den Büchern von Diana Gabaldon, hat deutlich mehr weibliche Fans als SciFi-Serien.

Für mich macht es keinen so großen Unterschied, wie man vielleicht denken könnte. Egal ob bei „Star Trek“, „Battlestar“ oder „Outlander“: Man muss sich bewusst machen, dass man Fernsehen produziert, dass von den Fans leidenschaftlich geliebt werden soll. Dass die Bücher von Diana Gabaldon mehr weibliche Fans haben, während „Star Trek“ eher männliche Fans hat - da sehe ich keinen Unterschied. Hier wie dort gibt es Fanclubs, Treffen, Fan Fiction etc. Wir müssen also gleichermaßen umsichtig sein bei Charakteren und Geschichten. Mein wichtigster Gedanke bei „Outlander“: Versau den Fans nicht ihr Lieblingsbuch.

Wie nah an den Büchern ist die Serie?

Ein Teil des Prozesses einer Adaption ist immer die Veränderung bis zu einem gewissen Grad, was meistens der Übersetzung von einem Medium ins andere geschuldet ist. Nicht alles lässt sich in Bildern so erzählen, wie in Wörtern und umgekehrt anderes dafür umso besser. Aber wir bleiben so nah wie möglich an den Büchern, weil wir diese Serie ja eben auch für die zig Millionen Fans der Bücher rund um den Globus machen.

Und die zeigten sich mehrheitlich sehr zufrieden mit der Serie, wie wir inzwischen wissen.

Als die Serie angekündigt war, hielten sicher einige erstmal den Atem an, aber Diana war uns während der Produktion eine große Hilfe: Sie hat sich an ihre Leserinnen und Leser gewandt und darum gebeten, uns zu vertrauen. Sie hat uns den Rücken frei gehalten, weil sie hundertprozentig überzeugt war von der Adaption. Und das bedeutet mir viel - und hat die Fans beruhigt. Als „Outlander“ dann auf Sendung ging, war die Fangemeinde schon darauf eingeschworen und hat sich schnell in die Serie verliebt.

In welcher Form ist Diana Gabaldon in die Produktion der Serie eingebunden?

Sie schaut über Scripts und Outlines und sieht die Schnittfassungen. Sie schickt uns Kommentare dazu und wir beraten natürlich gemeinsam, wenn wir in der Serie bei Details vom Buch abweichen, um sicherzustellen,  dass wir nichts tun, was der Logik ihrer Bücher widerspricht. Sie ist sehr großzügig und gewährt uns viele Freiheiten. Bei unserem ersten Treffen sagte sie mir: Ich bin eine Buchautorin, sie sind ein TV-Autor. Das was sie machen, kann ich nicht. Deswegen vertraue ich Ihnen, dass sie mit meinen Charakteren und Geschichten sorgsam umgehen. Und das ist der Geist unserer Zusammenarbeit.

Wie kam die TV-Serie „Outlander“ denn eigentlich zustande?

Vor etwa sechs oder sieben Jahre arbeitete ich an „Battlestar Galactica“, aber die Serie ging dem Ende entgegen. Ich war mit meiner Frau Terry und meiner Kollegin Meryl Davis in Vancouver essen und wir sprachen über zukünftigte Projekte. Dabei kam beiläufig raus, dass beide sehr große Fans der Bücher von Diana Gabaldon waren. Sie legten mir ans Herz, die doch auch mal zu lesen - und sie gefielen mir auf Anhieb, weil mich historische Stoffe interessieren. Ich mag Period Drama. Letztlich sind ja auch SciFi-Serien wie „Star Trek“ und „Battlestar Galactica“ Period Drama - nur dass sie in der Zukunft spielen. Es reizt mich, Welten zu erschaffen, die nicht existieren oder uns zumindest unbekannt sind.

Mit dem kleinen Unterschied, dass sich die Zukunft frei erfinden lässt, während Schottland im 18. Jahrhundert nun mal real existierte.

Vollkommen richtig. Das sind zwei unterschiedliche Herangehensweisen.

Welche ist schwieriger?

(überlegt) Ich glaube die Zukunft zu erzählen ist schwieriger. Weil man dort eine eigene Logik, eine komplette Welt erschaffen und sich dann auch daran halten muss. Die Freiheit alles zu machen wird zur Herausforderung, wenn all das auch schlüssig sein soll. Bei „Outlander“ hingegen reden wir über klassische Recherche, um der Vergangenheit gerecht zu werden.

In den letzten Jahren scheint es als interessiere sich das TV-Publikum mehr für Geschichten aus der Vergangenheit als der Zukunft. Haben Sie eine Erklärung dafür?

Interessante Beobachtung. Da ist etwas dran. Aber ich kann leider auch nicht erklären, woran das liegt. Ich denke, dass im Fernsehen - wie so viele andere Dinge - alles irgendwann wieder in Mode kommt. Es ist immer ein Kommen und Gehen von Genres.

Nochmal zurück zur Entstehung der Serie. Sie sagten, dass sie vor sechs, sieben Jahren auf die Bücher von Diana Gabaldon gestoßen sind. Bis zur Serie hat es dann aber ja noch etwas gedauert.

Der Rechte-Inhaber sah die Bücher damals eher als Grundlage für einen Kinofilm. Ich versuchte ihm klarzumachen, dass sich der Stoff besser als Serie umsetzen lässt, aber er wollte unbedingt einen Kinofilm. Wir blieben daraufhin in Kontakt und mit der steigenden Begeisterung für TV-Serien  allgemein war vor etwa drei Jahren auch der Weg frei für das Projekt „Outlander“. Wir haben dann mit Sony Pictures Television und Starz recht schnell zwei Partner für die Serie gefunden - und es konnte losgehen.

War es Zufall, dass die Serie - in der es um den Kampf der Schotten gegen die Briten geht - im vergangenen Jahr pünktlich zum Unabhängigkeitsreferendum in Schottland kam?

In den USA war das Referendum in Schottland von geringerer Bedeutung. Dieses Datum spielte also in der Überlegung der Umsetzung dieser Serie für uns aber auch den Sender keine große Rolle. Während der Produktion vor Ort in Schottland war das Referendum aber natürlich sehr präsent. Wir haben die Serie in und um Cumbernauld nahe Glasgow produziert und Glagow war eine der wenigen Regionen, die für eine Unabhängigkeit Schottlands gestimmt hat. Überall „Yes“-Schilder und auch bei unserer lokalen Produktions-Crew gab es eine Menge Unterstützer der Idee. Aber das hatte nichts mit der Idee und dem Zeitpunkt unserer Serie zu tun. Ich verstehe, dass man da in der Versuchung ist, eine Verbindung herzustellen, aber anders als die rein politische Auseinandersetzung heute, hat der in „Outlander“ gezeigte Kampf vor 250 Jahren eher eine religiöse Motivation. Da geht es um Katholiken und Protestanten etc.

Die Serie wird ja mit einer zweiten Staffel fortgesetzt. Ist Schottland für Sie schon zur zweiten Heimat geworden?

Ich werde wohl weiterhin sehr viel Zeit in Schottland verbringen, das ist richtig. Und ich freue mich darauf, auch wenn das weiter pendeln zwischen Los Angeles und Schottland bedeutet. In LA sitzen unsere Autoren und die Postproduktion findet ebenfalls dort statt. Meine Frau ist ganz in Schottland, sie ist Kostümbildnerin bei „Outlander“. Es ist ein wunderbares Land mit sehr herzlichen Menschen. Aber auch eine Herausforderung.

Inwiefern?

Wir drehen viel on location und das Wetter kann oben im Norden gnadenlos sein. Es ist kalt, oft verregnet. Das macht die Dreharbeiten komplexer als beispielsweise im fast immer sonnigen Kalifornien. Sie können am Set die Amerikaner übrigens von den Schotten unterscheiden: Während wir dick eingepackt mit Outdoor-Klamotten rumlaufen, laufen unsere schottischen Kollegen im T-Shirt rum und freuen sich über die warmen Temperaturen (lacht). Schottland härtet ab.

„Outlander“ ist sehr explizit - in Darstellung von Sex und Gewalt. Wie balancieren Sie diese beiden Komponenten der Bücher in der Serie?

Sex ist offensichtlich ein wichtiger Bestandteil der Bücher also spielt das auch in der Serie eine Rolle. Aber wie sagt man so schön: Es muss die Story voranbringen. Wir machen ja keinen Porno. Ein Beispiel: Zwischen Claire und Jamie ist der erste Sex eine wichtige Erfahrung, weil hier zwei Menschen aus unterschiedlichen Zeiten unterschiedliche Auffassungen haben, was guter Sex ist.

Und wie sieht es mit der Gewalt aus?

Ähnlicher Ansatz. In „Outlander“ geht es nicht darum in Slow Motion zu zeigen, wie Unmengen Blut spritzen. Unsere Kampfszenen müssen echt sein und weh tun, aber mir geht es nicht um die Choreographie von Gewalt. Die Serie soll nicht einfach Bilder liefern, sondern Geschichten. Denn das macht die Bücher ja so großartig. Man taucht ein und will nicht wieder auftauchen.

Ron, herzlichen Dank für das Gespräch.