Unterbrochen von gelegentlichen Live-Übertragungen vom roten Teppich draußen vor der Tür lief  auf der großen Leinwand im eigens errichteten Zelt für die Weltpremiere der 5. Staffel von "Game of Thrones" die immer gleiche Logo-Animation in Dauerschleife. Hätte die Premiere nicht mit mehr als einer halben Stunde Verspätung begonnen, wäre vielleicht gar nicht so sehr aufgefallen, dass bei dieser Logo-Animation irgendetwas fehlte. Doch so fiel es auf: Bei der Premiere der HBO-Serie "Game of Thrones" fehlte HBO. Egal ob draußen am roten Teppich, beim Photo Call oder drinnen im Zelt. Nirgends taucht ein Logo des amerikanischen PayTV-Anbieters und Produzenten der Serie auf.

Die Ehre der Weltpremiere - und damit ist nicht wie sonst oft üblich nur eine "internationale Premiere" außerhalb der USA gemeint - überließ HBO fast komplett seinem Partner Sky. HBO-Chef Richard Plepler war zwar nach London gekommen - um sich jedoch in Bescheidenheit zu üben. Nach einigen frei vorgetragenen Grußworten von Sky-Chef Jeremy Darroch gehörte die Bühne kurz ihm - und er nutzte den Auftritt für (abgelesene) Dankesworte an Sky für die Inszenierung dieser Weltpremiere. Omnipräsent war hingegen das Logo von Sky Atlantic, dem "Home of HBO". Jener Sender, dem Sky-Chef Darroch im Rahmen des fusionierten europäischen "bigger Sky" eine große Zukunft prophezeit.

Die Premiere der fünften Staffel "Game of Thrones" im altehrwürdigen Tower of London zu feiern - es könnte keine Location geben, die "more throniest" sei, meinen die beiden Produzenten der Serie. David Benioff und D. B. Weiss waren jedoch nicht in die britische Hauptstadt gekommen. Sie schickten mit besten Grüßen nur eine kurze Videobotschaft ("Lasst die Finger von den Kronjuwelen") aus Los Angeles. Auch Autor George R. R. Martin blieb dem Spektakel fern - was vom Premieren-Publikum wahlweise als schade oder aber begrüßenswert gewertet wurde. Schließlich soll Martin fleißig schreiben und keine Zeit verschwenden.

Game of Thrones Premiere© DWDL

Wirklich schade war die Abwesenheit von Peter Dinklage, dessen Rolle des Tyrion Lannister eine der prägendsten der Serie ist, und Lena Headey - seiner Serien-Schwester. Doch dank eines der größten Casts in der TV-Geschichte mangelte es aber am Mittwochabend trotzdem nicht an Prominenz. 35 Schauspielerinnen und Schauspieler waren da - darunter etwa Kit Harrington (Jon Schnee) oder Alfie Allen (Theon Graufreud). Sie und ihre Kolleginnen und Kollegen haben, wie sich beim Beobachten des Treibends am roten Teppich feststellen lässt, längst Erfahrung im Erzählen ohne etwas zu erzählen. Gar nicht so einfach an diesem Abend ein Gespräch zu führen, das nicht belanglos heiter mit verschmitzt-verschwiegenem Grinsen der Darsteller endet.

Auch Gwendoline Christie - sie spielt die kämpferische Brienne von Tarth - übt sich bei ihren Interviews am roten Teppich und dem Small Talk auf dem Empfang nach der Premiere in unverfänglichen Aussagen über das, was die Zuschauer in der neuen Staffel erwarten wird. "Ich würde sagen, dass wir in der fünften Staffel mehr von einigen Charakteren erleben werden, die bislang nicht im Vordergrund standen", verrät sie auf Nachfrage dann doch. Kollege Iwan Rheon alias Ramsay Schnee kultiviert die Geheimniskrämerei ebenso: "Das Publikum sollte genauso unvorbereitet sein, wie wir. Beim Lesen des Drehbuchs hatte ich schließlich selbst manchmal Angst vor dem Umblättern, weil man sich seiner Rolle nie sicher sein konnte."

Die Premiere der 5. Staffel war auch so etwas wie die Nacht der lebenden Toten. Mancher Gast in London starb bereits seinen bzw. ihren Serientod. Bei einer Serie, die nicht unerheblich vom Überraschungsmoment lebt, muss das erwähnt sein. Nur weil jemand an diesem Abend über den roten Teppich lief - und die Fotos dank sozialer Netzwerke und all der anwesenden Medien direkt um die Welt gingen -, heißt das noch lange nichts. Gänzlich unverfänglich hingegen war die Präsenz von Tom Wlaschiha alias Jaqen H'ghar. In der neuen Staffel gibt es ein Wiedersehen mit seinem rätselhaften Charakter, der in Staffel 2 von "Game of Thrones" schon einmal auftauchte. In Folge 1 der neuen Staffel jedoch taucht er noch nicht auf.

Game of Thrones Premiere

Ohne zu viel zu verraten: Der Auftakt ist ein Update zum Status Quo in Westeros, das vom Wiedersehen mit all seinen Charakteren lebt und nach der fast einjährigen Pause vorwiegend die bekannten Bedrohungsszenarien fortführt. Neu ist hingegen die Erzählung in Rückblenden. Man darf gespannt sein, ob das im Laufe der fünften Staffel noch häufiger zum Einsatz kommt - und was es uns über die Vergangenheit manches Charakters erzählen wird. Der Jubel beim Abspann war dennoch euphorisch - zumindest bei den Fans, die ihre Karten für diese Weltpremiere in Gewinnspielen ergattert haben.

Mancher geladene Gast hingegen verwehrte den Kreativen die Ehre - und eilte beim Abspann schon zur Aftershowparty. Eine bedauerliche Unsitte. Außerdem gab es nichts wozu man unbedingt eilen müsste. So spektakulär wie der rote Teppich draußen, wo die im Namen von Sky geführten Interviews dank überdimensionaler Screens auch für hunderte von Fans zu sehen waren, die sich an den Absperrgittern oberhalb des Tower of Londons drängelten, war das errichtete Zelt für Screening und Party nicht.

Man könnte sogar sagen: Ausgerechnet für ein Screening von "Game of Thrones" war es nicht geeignet, denn auch im englischen Original bedarf die Serie mancher Untertitel und die waren nicht zu lesen. Das provisorische Zelt ließ bei den Publikumsrängen kein allzu großes Gefälle zu, so dass auf dem heimischen Sofa ab April wohl weit weniger Köpfe im Weg sein dürften - und weniger Einsatzfahrzeuge auf den Straßen Londons und Flugzeuge im Luftraum über London mit ihrem Lärm das Vergnügen schmälern. Wo "Game of Thrones" in den bisherigen vier Staffeln jede Inszenierung mit Inhalt und Bedeutung füllt, blieb der Event zur Weltpremiere der 5. Staffel ein Stück weit dahinter zurück.

Das mag all diejenigen nicht stören, denen ein Selfie vor Ort schon reicht. Hunderte davon landeten unmittelbar im Netz. Auch das Medienmagazin DWDL.de lieferte Eindrücke - sogar im Rahmen eines Live-Streams vom roten Teppich via Meerkat. Als Status(symbol) machte die Veranstaltung also viel her. Doch Sky Deutschland wiederum kann sich auf die Schulter klopfen: Mancher Event der Unterföhringer hat einen würdigeren Rahmen. Aus Deutschland waren an diesem Abend übrigens rund 100 Gäste vor Ort.

Neben den Sky-Vorständen - etwa Brian Sullivan und dem erklärtermaßen größten "Game of Thrones"-Fan Gary Davey - und zahlreichen Mitarbeitern des Hauses sowie einer Reihe von Journalisten waren mit u.a. Studio 100-Geschäftsführer Patrick Elmendorff, Turner-Deutschlandchef Hannes Heyelmann, Sony Music-Manager Edgar Berger und Stephan Zech, Verlagsleiter Programmzeitschriften bei der Funke Mediengruppe, auch zahlreiche Gäste bzw. Geschäftspartner aus der deutschen Medienbranche für die Weltpremiere von "Game of Thrones" angereist.

Auf dem Fußweg zurück ins Hotel, entlang der in dieser Nacht geruhsam durch London fließenden Themse, gehen mir am Ende drei Gedanken durch den Kopf:

HBO hat dem neuen, europäischen Sky mit dem Überlassen dieser Weltpremiere einen Ritterschlag erteilt.

Es gibt mit der neuen Staffel endlich wieder neue Dramen, Intrigen sowie Kämpfe um Wahrheit und Lügen.

Und: Steckt hinter allem am Ende doch Jan Böhmermann?