Es ist wieder „Deutschland sucht den Superstar“-Zeit, es gibt wieder Gelegenheit für viele Bildschneiderei, für künstliche Verzögerung, für Bohlens Sprüche und den üblichen Mix aus netten Stimmchen und überselbstbewussten, aber musikalisch leider völlig unbegabten Vollhorsten. Das funktioniert so leidlich, und alles wäre wie immer, säße da in der Jury nicht ein komplettes Missverständnis.

Das Missverständnis heißt Heino. Er ist ein altgedienter Schlagersänger, der einen Beruf daraus gemacht hat, missverstanden zu werden. Das war schon früh in seiner Karriere so, als er die falsche Strophe der deutschen Nationalhymne intonierte. Das hörte nicht auf, als er seine Brille gegen jede bessere Erkenntnis zum Kult erklärte und fand seinen gruseligen Höhepunkt, als er anfing Songs von den Ärzten, von Peter Fox und Rammstein zu covern und sich damit als hip erklärte, obwohl das Ergebnis eigentlich mehr nach Katzenquälerei klang als nach musikalischem Fortschritt. Heino hatte den einzelnen Songs nichts hinzugefügt, er hatte ihnen vielmehr die Seele geklaut und für ein paar Schlagzeilen an den Boulevard verhökert.

Natürlich war Heino niemals hip. Heino war immer ein strunzbiederer Angeber, der davon lebte, dass er einen kurzen Draht zur Boulevardjournaile hatte. Wann immer Heinos Berater meinten, er brauche mal wieder ein bisschen Publicity, riefen sie bei den faulen Journalisten in den einschlägigen Redaktionen an. Die waren stets froh, irgendeinen Weißraum billig füllen zu können. Mit Worten eines Künstlers, der willig daherbrabbelte, was sie hören wollten.

Wenn solch ein Missverständnis von Florian Silbereisen, wie gestern parallel zur DSDS-Ausstrahlung geschehen, in seiner Show „Das große Fest der Besten“ transportiert wird, ist das hinzunehmen. Silbereisen begrüßte den 76-Jährigen und sagte er sei „der verrückteste und ausgeflippteste Star.“ Das war natürlich komplett gelogen, aber was macht das schon in einer Show, die ohnehin davon lebt die Zuschauer an den Rand der Debilität und weit darüber hinaus zu führen? So weit, so schlecht im Ersten.

Was aber soll Heino bei RTL? In einer Jury? Er, der nichts weiter als ein Knödeltenor ist, der Songs nichts gibt, sondern ihnen alles nimmt, soll nun urteilen über Talent? Gut, die Fragen könnte man auch wegen Bohlen stellen, aber an den hat man sich nunmal gewöhnt.

Aber Heino? Der sitzt in der Jurybank herum wie eingefroren und nie wieder aufgetaut. Er kann sehr gut über Altherrenwitze lachen, vor allem über jene, die er selber macht. „Crazy Heino“ sagt DJ Antoine einmal und lügt dabei so dreist, dass sich im Studiodach eigentlich die Balken biegen müssten. Bohlen sagt, Heino sei ein Sänger. Ja, das mag er sein, aber die Kultfigur, die er gerne wäre, wird er niemals sein.

Blamabel ist vor allem, dass die Kalkulation der RTL-Strategen so gar nicht aufgeht. Sie hätten auch einfach nur drei Personen in die Jury setzen können, es wäre kaum jemandem aufgefallen. Man sieht dem gesendeten Ergebnis an, dass die Macher echt Schwierigkeiten hatten, wenigstens ein bisschen was Brauchbares herauszuschnibbeln. Das Ergebnis ist mit ernüchternd milde umschrieben. „Komm, Kerlchen“, sagt Heino, wenn er jemandem einen Recall-Zettel überreichen möchte und schiebt dann ein gönnerhaftes „Hast du gut gemacht“ hinterher. Nichts gegen alte Menschen, aber reicht da nicht ein Bohlen?

Natürlich ziehen die Boulevardheinis mit und machen beispielsweise Schlagzeile mit dem Missgeschick eines Kandidaten, der Heinos Frau Hannelore für dessen Mutter hält. Da dichten sie gleich eine Riesenaffäre draus, und es zeigt sich, dass völlig egal ist, was Heino wirklich anstellt. Es kommt immer nur darauf an, was der Boulevard draus macht. Und RTL spielt das Spiel mit, muss das Spiel mitspielen, weil es nun läuft und schwer zu stoppen ist. Aber sie werden in Köln noch sehen, was sie von diesem Missverständnis haben. Die Realität wird den Sender einholen, und das wird grausam.