Frau Kruger, als wir uns das letzte Mal sprachen, haben Sie erzählt, wie gewöhnungsbedürftig für Sie als Filmschauspielerin die TV-Arbeit mit ständig wechselnden Regisseuren sei. Haben Sie sich beim laufenden Dreh der zweiten "The Bridge"-Staffel ein bisschen mehr daran gewöhnt?

Ich weiß inzwischen besser, was mich da erwartet. Wir haben dieses Jahr noch bessere Regisseure als bei der ersten Staffel. Ein paar, die besonders gut waren, sind wieder mit dabei. Von daher hat sich für mich ein gewisser Gewöhnungseffekt eingestellt – und das, obwohl die Serie sich in der zweiten Staffel deutlich verändert hat.

Hinter den Kulissen gab es einen Wechsel: Meredith Stiehm ist zu "Homeland" zurückgegangen, Elwood Reid nun alleiniger Showrunner von "The Bridge".


Das hat eindeutig positive Auswirkungen auf die Serie. Wir haben jetzt eine klare Stimme, was auch die Arbeit für uns Schauspieler erleichtert. In der ersten Staffel sind wir ja noch dem skandinavischen Vorbild gefolgt und wussten insofern, wo die Storyline hinführt. Spätestens bei der Konzeption der zweiten Staffel hätte es aber vermutlich Differenzen zwischen den beiden gegeben, weil Meredith eher für Procedurals steht, während Elwood das Bedürfnis hatte, eine stark charaktergetriebene Serie wie "The Wire" zu machen.



Nach den ersten Eindrücken scheint "The Bridge" in der Erzählweise und im Ton deutlich dunkler und härter zu werden.


Dunkler auf jeden Fall! Wir haben keinen klassischen Fall mehr, suchen nicht den einen Serienmörder. Es gibt viele unterschiedliche Geschichten, die teilweise ineinander verwoben sind. Elwood hat eine sehr dunkle Welt erschaffen, die auf der Realität basiert. Es gibt kein eindeutiges Gut und Böse mehr, sondern sehr viel Grau dazwischen. Vor allem für mich wird es ziemlich düster: Das persönliche Leben von Sonya Cross spielt eine viel wichtigere Rolle, wir lernen einiges über ihre Vergangenheit.

Das ist sicher eine ganz besondere Herausforderung, wenn Sonya mit großen emotionalen Einschlägen konfrontiert wird, aber als Autistin ihre Emotionen nicht auf klassische Weise zeigen kann.


Für die Autoren war die große Herausforderung der zweiten Staffel, Sonya eine Storyline zu geben, bei der ich sie trotz Asperger-Syndrom auch mal in einer gewissen Emotionalität zeigen kann. So erfährt man mehr über sie und versteht sie ein bisschen besser. Das hat mir viel Spaß gemacht. Es gibt ein paar Momente, die große Augenöffner sind – auch für mich als Schauspielerin.

Die Mehrzahl neuer US-Serien kommt über die erste Staffel nicht hinaus. Sie sind mit "The Bridge" nun schon in der zweiten – und damit offiziell nicht mehr nur Film-, sondern auch Fernsehschauspielerin. Geht Ihnen das selbst schon leicht über die Lippen?


Ja, ich finde das großartig. Für mich ist das momentan eine sehr aufregende Zeit in Amerika. Ich habe das große Glück, eine Serie machen zu dürfen, die anspruchsvoll ist und mich kreativ fordert. Mehr und mehr Schauspieler wollen ins Cable TV, weil solche Stoffe fürs US-Kino nicht mehr gemacht werden. Und mir bleibt ja die Freiheit, auch weiterhin Filme zu drehen, was ich zu Beginn dieser Staffel nebenbei an den Wochenenden getan habe. Ich habe das Gefühl, dass es inhaltlich keine Grenzen mehr gibt und dass viel mehr gute Rollen zur Auswahl stehen.

"Ich bin gerade dabei, eine Miniserie über Hedy Lamarr zu produzieren. Dieses Projekt wollen wir möglichst zu HBO bringen"

Diane Kruger


Wollen Sie künftig über "The Bridge" hinaus mehr TV machen?


Ich bin gerade dabei, eine Miniserie über Hedy Lamarr zu produzieren – eine österreichische Schauspielerin, die Ende der 1930er Jahre zum Hollywood-Star wurde und nebenbei das Frequenzsprungverfahren erfand, das bis heute in der Mobilfunkübertragung eingesetzt wird. Dieses Projekt wollen wir als Zweiteiler möglichst zu HBO oder zu einem ambitionierten Kabelsender bringen. Im November werde ich aber auch wieder einen französischen Kinofilm drehen. Da ich nur viereinhalb Monate im Jahr mit "The Bridge" beschäftigt bin, habe ich das angenehme Gefühl, dass ich mich nicht entscheiden muss.

Frau Kruger, herzlichen Dank für das Gespräch.


"The Bridge - America" mit Diane Kruger als Detective Sonya Cross startet in Deutschland am Donnerstag, 10. Juli beim Pay-TV-Sender Fox in die zweite Staffel und läuft dann immer donnerstags um 21 Uhr – einen Tag nach der US-Erstausstrahlung.

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