Warum haben sich alle Sender schon in den Sommerschlaf verabschiedet?

In dieser Woche beginnt die Fußball-Weltmeisterschaft - und anders als in Großbritannien, wo gerade erst die neue "Big Brother"-Staffel an den Start gegangen ist, geben bei uns die meisten Sender schon auf, bevor das erste Spiel überhaupt angepfiffen wurde. Sehr zur Freude von ARD und ZDF.

Zeigen die etwa alle 64 Spiele?

Ja, die Öffentlich-Rechtlichen haben sich sämtliche Übertragungsrechte gesichert und strahlen von der Eröffnung bis zum Finale alle Partien aus. Und sollten mal zwei Spiele gleichzeitig stattfinden, gibt's die mutmaßlich weniger attraktiven Spiele auf einem der Digitalsender zu sehen.

Warum sind RTL und Sky diesmal nicht mit an Bord?

Durch die oft sehr späten Anstoßzeiten war ein Rechteerwerb für RTL diesmal nicht so attraktiv wie bei den Weltmeisterschaften in Deutschland und Südafrika. Allerdings wird RTL ab Herbst mit den exklusiven Übertragungen der Quali-Spiele für die kommenden Welt- und Europameisterschaften beginnen. Auch bei Sky war man in diesem Jahr aufgrund der Zeitverschiebung - und im Übrigen auch aufgrund der Preise - nicht sonderlich angetan. Blöd für ARD und ZDF, die auch die Pay-TV-Rechte erworben haben und diese nun nicht weiterverkaufen konnten.

Warum besitzen ARD und ZDF überhaupt die Pay-TV-Rechte?

Gute Frage. Gegenüber dem "Digital Insider" ließ das ZDF kürzlich verlauten, dass nicht anders möglich war. Man habe notgedrungen neben den Free- auch die Pay-TV-Rechte erwerben müssen. Die FIFA äußerte sich hingegen anders und auch von anderer Seite ist zu hören, dass offenbar separate Pakete geschnürt wurden. Sieht also ganz so aus, als hätten sich die Öffentlich-Rechtlichen beim Rechteerwerb in diesem Jahr verspekuliert.

Wie viel lassen sich ARD und ZDF die Rechte eigentlich kosten?

Was die Höhe der Kosten angeht, hüllen sich ARD und ZDF wie immer in Schweigen. Angeblich sollen jedoch 150 Millionen Euro geflossen sein, was durch die oft etwas ungünstigen Anstoßzeiten aber weniger ist als vor vier Jahren.

Trotzdem eine hohe Summe. Ist die denn überhaupt gerechtfertigt?

Es ist ohne Zweifel eine Menge Geld. Die Verantwortlichen erachten deren Investition aber auch deshalb für sinnvoll, weil ARD und ZDF mit den Spielen nicht zuletzt die jüngeren Zuschauer erreichen, die ihnen sonst fehlen, weil Krimis in unzähligen Ausfertigungen und "In aller Freundschaft" in der Fußball-freien Zeit Priorität haben.

Gibt das ZDF diesmal wieder die Kohle für die Errichtung eines Fußballstrands an der Ostsee aus?

Nein, anders als zuletzt will es das ZDF bei der anstehenden WM mit weniger Show versuchen. Das ist alleine schon deshalb nötig, weil man um Mitternacht vermutlich nur noch wenige Rentner dazu bewegen kann, noch einmal den Analysen von Oliver Kahn zu lauschen. Der ist übrigens auch ganz froh, diesmal in Rio zu sein, wo sich das ZDF gemeinsam mit der ARD ein Quartier teilen wird. Bei Deutschlandspielen sei die Stimmung zwar gut gewesen, sagte Kahn jüngst in "11 Freunde", "allerdings waren die Liegestühle für die Zuschauer nicht as ideale Inventar für eine Fußballparty". Während das ZDF also bewusst auf Strandatmoshäre verzichtet, fand man bei der ARD diesmal übrigens Gefallen daran. Der "Sportschau-Club" mit Alexander Bommes, der ab dem 23. Juni jeweils um 20:30 Uhr auf Sendung gehen wird, kommt nämlich vom Berliner Stadtstrand. Ob das eine gute Idee ist?

Was ist denn mit Waldi?

Waldemar Hartmann und die ARD gehen inzwischen getrennte Wege, nachdem der Senderverbund "Waldis Club" zunächst nur um ein Jahr verlängern wollte, was Hartmann so gar nicht schmeckte. "Das ist so, als wenn man bei einem Fußballspiel die Übertragung nach der ersten Halbzeit abbricht", sagte Hartmann vor einem Jahr im DWDL.de-Interview. "Mir war klar, dass die aus allen Löchern kommen und sich an allem stören werden, was ich mache. So wie sie es auch bei der EM schon über die Maßen gemacht haben. Mit knapp 65 wollte ich mich aber einfach nicht mehr ärgern."

Waldi und der ZDF-Fußballstrand sind also weg. Wer noch?

Oliver Kahn muss sich auf einen neuen Gegenspieler einstellen. Wie schon in der Champions League wird ihm Oliver Welke diesmal die Fragen stellen. Katrin Müller-Hohenstein wird dagegen ins deutsche WM-Quartier weggelobt und dort die Position von Michael Steinbrecher übernehmen, der das ZDF im vergangenen Jahr verlassen hat. Weil man ein bekanntes Gesicht gebraucht habe, sei man auf Müller-Hohenstein gekommen, "für die es eine neue Herausforderung ist", wie ZDF-Sportchef Dieter Gruschwitz kürzlich im DWDL.de-Interview betonte und gleich ergänzte: "Das lief alles ohne interne Diskussionen ab." Im deutschen Quartier trifft Müller-Hohenstein übrigens auf Gerhard Delling, der ebenfalls nicht mehr moderieren darf. Stattdessen hat sich dort Matthias Opdenhövel durchgesetzt.

Können ARD und ZDF nicht einfach gemeinsame Sache machen?

Im Gegensatz zu den vergangenen Welt- und Europameisterschaften tun sie das diesmal auch - zumindest zum Teil. 420 Mitarbeiter schicken ARD und ZDF für TV, Radio und Online nach Brasilien und erstmals soll ein Drittel davon für beide Anstalten arbeiten. Dass trotzdem noch deutlich mehr Sparpotenzial vorhanden ist, machte gerade erst BR-Sportchef Werner Rabe deutlich. "Warum nicht auch eine gemeinsame Redaktion nutzen?", fragte er in "Sponsors". "Redakteure, Regisseure, Filmemacher, Korrespondenten, Experten und Kommentatoren, die für beide Sender im Einsatz sind." Allerdings wisse er, dass dies "im Moment innerhalb der Sender wohl auch nicht umzusetzen ist". Die öffentlich-rechtlichen Mühlen mahlen eben langsam.

Das ist ja alles schön und gut mit der Weltmeisterschaft. Aber ich interessiere mich überhaupt nicht für Fußball. Was nun?

Wenn Sie selbst die "bunten" Brasilien-Berichte von Hot-Banditoz-Sängerin Fernanda Brandao nicht vom Hocker reißen können, ist es vermutlich am besten, einfach auf schönes Wetter zu hoffen und die Zeit bis tief in die Nacht hinein am Strand zu verbringen (auf Usedom ist ja diesmal wieder mehr Platz als vor zwei Jahren), weil selbst Kleinstsender wie Joiz nicht ohne die WM im Programm auskommen wollen. Frischer TV-Stoff ohne Kicker-Bezug ist jedenfalls eher die Ausnahme. Immerhin gibt es in den kommenden Wochen dienstags die neue ARD-Serie "Paul Kemp" zu sehen und ab Montag - also nur wenige Minuten nach Abpfiff des ersten Deutschland-Spiels - bringt Vox mit "Chicago Fire" eine neue US-Serie zu uns. Ansonsten hilft vor allem ein Blick ins Pay-TV, wo etwa RTL Crime die zweite Staffel von "Perception" ins Programm nimmt oder Sky Atlantic die letzte Staffel von "Dexter" zeigt. Darüber hinaus setzt Sony Entertainment Television mit "Mr. Selfridge" und "Lost Girl" ebenfalls auf taufrischen Serien-Stoff.

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