Fernsehen ist Fernsehen und wird immer Fernsehen bleiben. Das Internet ist das Internet, wird sich aber wandeln und den Gegebenheiten der Zeit und vor allem den Möglichkeiten anpassen. Das Fernsehen ist statisch, das Internet wandelbar. Genau aus diesem Grunde sind bislang alle Versuche, im Fernsehen das Internet angemessen abzubilden, gescheitert. Die technischen Flops beim „Quizduell“ bilden da nur das Ende einer langen Kette von Argumenten, die belegen, dass die alte Schule sich schwer tut, neue Schüler zu integrieren.

Fatal war beim „Quizduell“ nicht so sehr, dass die App in den ersten Sendungen nicht funktionierte wie sie sollte, dass also die Menschen draußen an den Smartphones nicht mitspielen konnten, dass angeblich ein Hacker Server lahmlegte, dass Daten der Mitspieler für Unbefugte auslesbar waren, fatal war vielmehr, dass das „Quizduell“ auch ohne das Internet prima funktionierte. Jörg Pilawa machte aus der Not der mangelnden technischen Anbindung derer da draußen eine Tugend und spielte sehr unterhaltsam mit dem Publikum drinnen im Studio. Der Unterschied für den Zuschauer daheim tendierte daher gegen Null. Das Mitspielen der Masse beim „Quizduell“ ist eben nicht angemessen abzubilden. Es macht also kaum einen Unterschied, ob da draußen Millionen mitspielen oder keiner. Zu sehen ist dasselbe.

Fernsehen ist und bleibt aber ein Bildermedium. Ohne Bilder ist es aufgeschmissen. Das Internet dagegen braucht Bilder nicht zwingend, es kommt mit Daten aus, die Bilder sein können, aber nicht müssen. So wird schnell deutlich, dass das Internet regelmäßig vom Fernsehen missbraucht wird, als simpler Rückkanal.

Wo früher angerufen werden musste, stehen heute selbst in piefigen Morgenmagazinen oder Regionalsendungen wie der „Aktuellen Stunde“ beim WDR Moderatoren und fordern die Zuschauer auf, irgendwas in die App zu schreiben oder bei Facebook eine Meinung zu posten. Ob das Tausende tun oder nur eine Handvoll, ist wurscht. Am Ende der Sendung wählen die Redakteure ohnehin nur zwei, drei Einsendungen aus und lesen sie vor. Spätestens da müsste der Mitmacher merken, dass er nichts weiter ist als degradiertes Stimmvieh (siehe die „Millionärswahl“), dessen Herdentrieb dazu missbraucht wird, Teilnahme zu simulieren und den Aufwand einer Straßenumfrage zu vermeiden.

Besonders drastisch war das zu sehen, als EinsPlus am vergangenen Wochenende parallel zum Ersten den Eurovision Song Contest übertrug und einen Großteil des Bildschirms reservierte für Twitter- und Facebook-Meldungen. Abgesehen von der Tatsache, dass diese Doppelausstrahlung sehr fein die Überversorgung der ARD mit Frequenzen, Kanälen und dem zum Betrieb nötigen Geld demonstrierte, misslang die Abbildung der an sich sehr lebendigen Medien, weil oft nicht viel mehr zu sehen war als dümmliches Geschwätz der Marke „Ich will auch ins Fernsehen“, „Ich grüße meine Mama“ oder „Ich drücke Conchita Wurst die Daumen.“ Das ist bei Twitter und Facebook okay, weil diese Medien auf den blitzschnellen, nicht immer gehaltvollen Austausch angelegt sind, im Fernsehen ist das Gezwitscher aber ungefähr so sinnvoll platziert wie es die Liveübertragung eines abendlichen Amselgesangs vor den „Tagesthemen“ wäre.

Nun ist die Tatsache, dass viel versprochen und wenig bis nichts gehalten wird, ein Symptom unserer Zeit. Man kennt das oder man schaue in seinen Mobilfunkvertrag. Indes würden die dilettantischen Versuche der Fernsehleute, das Internet einzufangen, nur halb so peinlich wirken, wenn das Medium nicht früher schon einmal wesentlich weiter gewesen wäre. Ich erinnere nur an die seligen Tage von Giga. Damals hat man versucht, das Netz im Fernsehen in seiner Tiefe zu durchdringen, die Menschen an den verschiedenen Screens wirklich zu beteiligen, sich wirklich für das zu interessieren, was sie einzubringen hatten. In Sachen Teilnahme war Giga vor einem Jahrzehnt schon wesentlich weiter als es alle Sender heute sind. Der große Fehler des Senders war lediglich, dass er zu früh auf Sendung ging, dass die Zeichen der Zeit noch anders standen und er schließlich der Unfähigkeit kurzsichtiger Verlagsmanager zum Opfer fiel. Wäre Giga auf Sendung geblieben, gar nicht auszudenken, welche Standards der Kanal heute setzen würde.

Weil Giga aber Geschichte und ein Nachfolger nicht in Sicht ist, fangen alle immer wieder von vorne an. Und scheitern. Man wird sehen, wie RTL das mit dem Internet demnächst bei „Rising Star“ hinkriegt. Nicht in allen Ländern hat das Castingformat funktioniert, und das „Quizduell“-Debakel der ARD mag RTL eine zusätzliche Mahnung sein. Vorsicht vor diesem Internet. Es ist etwas anderes als das Fernsehen.