Vorurteil der Woche: "Leider halten die Programmmacher ihr Publikum für zu doof. Das gilt auch für die Öffentlich-Rechtlichen."

Hat "heute show"-Moderator Oliver Welke in der zurückliegenden Woche im "stern" auf die Frage geantwortet, warum sich unser Fernsehen mit politischen Witzen oft so schwer tue.

Oliver Welke© ZDF/Willi Weber

Aber womöglich besitzt die Antwort eine themenübergreifende Gültigkeit. Machen wir uns doch mal auf Indiziensuche.

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Für die Mitte April gezeigte NDR-Sendung "Der beste Weg zum Traumpartner: Der Check" hat Reporterin Susann Kowatsch sich "im Selbstversuch" die Fragen gestellt: "Auf welchen Frauentyp steht Er wirklich? Wie läuft die Partnersuche im Internet? Ist Männershoppen der neuste Trend?"

Sie hat sich als "Angela Taff", "Eva Kunterbunt" und "Maria Gräulich" verkleidet, um unterschiedliche Profile in Partnerbörsen anzulegen. Eine Profi-Partnervermittlerin hat ihr die wichtigsten Balzregeln referiert ("Man muss auch schauen: Womit wecke ich den Mann?"). Sie hat an Single-Partys und Seniorentänzen teilgenommen und vorgerechnet, dass sich 17 von 100 Paaren beim Flirten "in freier Wildbahn" kennengelernt haben, aber nur 8 von 100 im Alter ab 45 Jahren. Ein Liebespaar berichtete über die tollen Erfolgschancen einer kommerziellen Dating-Website, und die Flirtexpertin desselben Unternehmens berichtete Kowatsch, warum zwei ihrer Fantasie-Alter-Egos weniger Zuschriften bekommen haben als das dritte: "Aussehen spielt bei der Partnerwahl gerade bei Männern, immer noch eine sehr, sehr große Rolle."

Ausschnitt 'Der beste Weg zum Traumpartner: Der Check'© WDR/Caligari Film

Dazwischen berichteten "prominente Ex-Singles", wie sie ihren "Traumpartner" gefunden haben. (Barbara Eligmann hat ihren heutigen Gatten bei der Arbeit kennengelernt.) Kowatsch fand heraus, dass viele Online-Singlebörsen Geld kosten und fasste ihre Rechercheergebnisse in praktischen Ratschlägen für die Zuschauer zusammen. Zum Beispiel: "Auf Singlepartys unbedingt: Tanzen und Spaß haben." Und: "Beim Flirten in freier Wildbahn unbedingt: lächeln." Am Ende hat sich herausgestellt: Der eigene Freundeskreis ist immer noch "Kontaktbörse Nummer eins". Eine Dreiviertelstunde war dafür nötig (Sendung ansehen).

Die Entstehung von "Der beste Weg zum Traumpartner: Der Check" wurde von der Mediengesellschaft der Länder Niedersachsen und Bremen, Nordmedia, im vergangenen Jahr mit "bis zu 39.751,00 €" gefördert.

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Auf Platz 28 der anderthalbstündigen HR-Sendung "Die beliebtesten Dialekte der Hessen" steht: "Denglisch".

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Seine gerade angekündigte Serie über eine kleinwüchsige Kinderärztin nennt das ZDF "Dr. Klein" und befindet sich damit in hervorragender Sprachwitzgesellschaft des Ersten, das seine "Heiter bis tödlich"- Vorabendflopkrimis u.a. "Fuchs und Gans" (mit Hauptkommissar "Urban Fuchs" und Jungjournalistin "Emily Gans") sowie "Henker und Richter" (mit Staatsanwältin "Saskia Henker" und einem Richter) nannte.

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"Der XXL-Ostfriese: Herd statt Pferd" heißt eine sechsteilige Reihe im NDR, in der "Der XXL-Ostfriese" Tamme Hanken, ein liebevoll auch "Knochenbrecher" genannter Pferde-Chiropraktiker, derzeit mit deutschen Promiköchen die Lebensmittelzubereitung erlernt, um damit seine Gattin zu beeindrucken. Die Sendungsbeschreibung schürt förmlich die Spannung: "Während die gebürtige Rheinländerin Carmen sich bei der Kosmetikerin schön machen lässt, geben Horst [Lichter] und Tamme alles: Rotkohl schneiden, Zwiebeln pellen, Braten würzen, Klöße formen, alles soll am Abend zum festlichen Menü angerichtet sein. Aber ist der gemächliche 'Knochenbrecher' Tamme beim Kochen wirklich eine Unterstützung für den quirligen Horst Lichter? Und überhaupt: Wie kommen ein Ostfriese und ein Rheinländer miteinander klar?"

Der XXL-Ostfriese - Herd statt Pferd© NDR/Sven Hartung

Den "Ostfriesen mit den magischen Händen" muss sich der NDR inzwischen mit Kabel 1 teilen, wo Hanken kürzlich mit einem "K1 Reportage Spezial" einen Sonntagabend bestritt.

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Seit 1. Januar 2014 haben die Zuschauer der Dritten "Die beliebtesten Stimmungslieder" (HR), "Die beliebtesten Reiseziele der Hessen" (HR), "Die beliebtesten Party-Hits" (NDR), "Die beliebtesten Komiker des Nordens" (NDR), "Die beliebtesten Talsperren" (HR), "Die beliebtesten Kirchen in NRW" (WDR), "Die beliebtesten Wintersportlegenden" (HR), "Die beliebtesten Kurorte in NRW" (WDR), "Die beliebtesten Traditionsunternehmen in NRW" (WDR), "Die beliebtesten Fernsehpaare" (NDR), "Die beliebtesten Wanderwege der Hessen" (HR), "Die beliebtesten Musikshows in NRW" (WDR), "Die beliebtesten Karnevalsshows der Nordrhein-Westfalen" (WDR), "Die beliebtesten Popsongs" (HR), "Die beliebtesten Mundarten" (SWR), "Die beliebtesten Stimmungslieder" (RBB), "Die beliebtesten Fastnachtslieder der Hessen" (HR), "Die beliebtesten Klöster in NRW" (WDR), "Die beliebtesten Flüsse in NRW" (WDR), "Die beliebtesten Dialekte der Hessen" (HR), "Die beliebtesten Luxus-Oldtimer" (HR), "Die beliebtesten Naturschutzgebiete in NRW" (WDR) und "Die beliebtesten Landschaften" (HR) sehen können.

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3sat fand's eine gute Idee, seine Sendung "Der Intelligenz-Check" Anfang April als "Countdown" zu bestreiten, in den Prominente per Greenbox-Verfahren rein- und rausgezappt werden, um Anekdoten zu erzählen, die entfernt was mit dem Thema zu tun haben (Sendung ansehen).

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Um uns "die großen Entwicklungslinien in unserer Gesellschaft" (ZDF-Chefredakteur Peter Frey 2012 über "ZDFzeit") zu erklären, hat das ZDF immer ein 20.15-Uhr-Sendeplätzchen frei, etwa am vergangenen Dienstag über "Das erste Jahr im Amt" von König Willem-Alexander und Máxima in den Niederlanden. 2013 liefen bei "ZDFzeit" "Ein Baby für William und Kate", "Prinz Charles – Der ewige Prinz", "Von Fürsten, Schlössern und Manieren", "Traumfabrik Königshaus", "Die heimliche Königin", "Zu Gast im Palast", "Die kleinen Königinnen kommen", "Bye-bye Beatrix" und "Die Bilanz der Bourbonen" zur Hauptsendezeit.

Und für seine Erster-Weltkriegs-Collage "Mit Jubel in die Hölle" wollte sich das ZDF Ende März keinesfalls auf die gezeigten (drastischen) Originalbilder und die (echten) Tagebuch-Einträge der porträtierten Protagonisten verlassen, sondern musste die wichtigsten Szenen noch einmal von Schauspielern nachstellen lassen, um sie dem Publikum begreiflich zu machen. Zum Beispiel wie Grafikerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz zu weinen beginnt, als sie erfährt, dass ihr Sohn im Krieg umgekommen ist (Sendung ansehen).

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Talksoup© Sat.1/DWDL

Fünfzehn Jahre nach dem Start der ProSieben-Talkshow-Resteverwertung "talk talk talk" (und drei Jahre nach deren Ende) startet Sat.1 an diesem Samstag um 19 Uhr die neue, zehnteilige Talkshow-Resteverwertung "Talksoup" ("Über zwei Jahrzehnte prägten sie die deutsche Fernsehlandschaft: Die Talkshows am Nachmittag! Endlich sind sie wieder da").

Können Sie noch?

Oder einigen wir uns einfach schnell darauf: Das Vorurteil stimmt.