Wer das UFA Lab im Berliner Ortsteil Kreuzberg besuchen möchte, muss erst mal vier Stockwerke überwinden. Manch einer ist schon außer Atem, wenn er oben ankommt. Es ist fast ein wenig sinnbildlich für das, was seit einigen Wochen hier entsteht: Für das Projekt "shootrs" haben sich UFA und das YouTube-Netzwerk Divimove zusammengetan - mit dem Ziel, die Professionalisierung des Online-Video-Marktes voranzutreiben. Schon für sich genommen sind die Fremantle-Tochter und das Multi-Channel-Network keine kleinen Player. So feiert sich die UFA als führender Programmproduzent Deutschlands und Divimove als führendes Netzwerk seiner Art in Europa.

Einen langen Atem brauchen die Verantwortlichen, vor allem aber die Netz-Talente, trotzdem. Viele von ihnen sind zwar auf YouTube ein Star, doch die wenigsten können so wie der Minecraft-Player Docm77 von den Videos leben, die sie regelmäßig ins Internet stellen. Dabei fehlt es keineswegs am nötigen Können. Tense, einer dieser Internet-Stars, hat die Gabe, wissenschaftliche Inhalte nicht nur mit wenigen Worten erklären zu können, sondern sie auch noch vom Staub zu befreien, der ihnen in aller Regel anhaftet. Und Daniele Rizzo macht als Comedian und Moderator in seinen unterhaltsamen Clips eine überaus gute Figur. Man merkt: Da ist einer, der Spaß an dem hat, was er gerade tut.

Spricht man mit den YouTube-Stars oder jenen, die es noch werden wollen, wird schnell deutlich, mit welcher Leidenschaft sie für ihre Ideen brennen. Mehr und mehr stellt sich für manche von ihnen jetzt allerdings die Frage, ob ihre Channels für immer ein ambitioniertes Hobbyprojekt bleiben sollen oder ob es nicht doch an der Zeit ist, sich professionelle Partner zu suchen - auch auf die Gefahr hin, ein Stück liebgewonnene Freiheit abzugeben. Hier kommen UFA und Divimove ins Spiel, deren Verantwortliche betonen, keiner der Stars müsse durch die Teilnahme am gemeinsamen Projekt "shootrs" seine Seele verkaufen. Viel mehr wolle man helfen, Vermarktungsstrategien zu entwickeln, um mit ihren nicht selten Hunderttausenden Abonnenten auch Geld zu verdienen.

Trotz aller Euphorie wird klar: Hier wird so schnell wohl niemand reich. Zunächst soll jährlich ein siebenstellige Betrag in das Projekt gepumpt werden. Es sei ein "langfristiges Geschäft", das zunächst auf drei bis fünf Jahre angelegt sei, so Jens-Uwe Bornemann, Chef des UFA Labs, bei einem Pressetermin in Berlin. "Zusammen können wir Markenpartnern nun alles aus einer Hand anbieten: hervorragende Talente, maßgeschneiderte und relevante Inhalte und eine kritische Reichweite", sagt er über die Zusammenarbeit mit den Kollegen von Divimove, die mit der Kooperation den Schritt in die Content-Produktion wagen. Vor rund einem Monat wurde damit begonnen, die ersten professionell produzierten Piloten ins Netz zu stellen.

Der Erfolg in der Netzgemeinde ist durchaus beachtlich: Zusammengerechnet wurden die Videos seither bereits eine Million Mal aufgerufen. Der Haken: Vermarktet werden konnte bislang keines der Formate. Hier will man sich nun mit den einzelnen Talenten zusammensetzen, um die bestmöglichen Strategien zu erarbeiten. Die Debatte um Schleichwerbung bei den von Mediakraft gepushten Jungs von Y-Titty dürfte da zur Unzeit gekommen sein. "Die Trennung zwischen Werbung und Inhalten ist uns sehr wichtig", stellte Divimove-Mitgründer und Geschäftsführer Philipp Bernecker in Berlin klar, schließlich sei Glaubwürdigkeit eine der wichtigsten Ressourcen. 

Er machte sich zugleich für eine klare Reglementierung stark, die jedoch anders angefasst werden müsse als im Fernsehen. Dorthin zieht es übrigens längst nicht jeden YouTuber. Anders als etwa Daniele Rizzo, der beispielsweise für Super RTL moderiert, setzt Docm77 ganz auf das Internet. "Unter Jugendlichen sind TV-Formate völlig verpönt", sagt er - und überhaupt biete das Netz eine viel bessere Form der Kommunikation. Jens-Uwe Bornemann will gemeinsam mit Divimove dennoch "kein Entweder-Oder" veranstalten. "Es ist spannend, beide Welten zusammenzubringen." Einen Vorteil haben die YouTube-Stars allerdings gegenüber vielen Fernsehmachern: Sie wollen nicht jedem gefallen - und es gibt fast kein Thema, das im Netz nicht in irgendeiner Form bedient werden kann.

Da erklärt eine Berliner Modedesignerin ihren Fans, wie man Handy-Hüllen verschönert, zwei Gamer liefern sich sinnfreie, aber durchaus unterhaltsame Duelle, und Rapper Kollegah macht sogar eine ganz ansehnliche Late-Night-Show. Selbst für Ex-Dschungelbewohnerin Kim Gloss wollen UFA und Divimove schon bald ein passendes Video-Format entwickeln. "Unser Ziel ist es, in den nächsten Jahren gemeinsam mit unseren YouTube-Stars Content zu produzieren, der die Unterschiede zwischen den 'klassischen' und 'neuen' Medien hinfällig macht", erklärt Hannes Jakobsen, Head of Content and Creative Development bei Divimove. "Denn eine gute Geschichte ist eine gute Geschichte und ein charismatischer Star ist ein charismatischer Star - egal auf welchem Bildschirm."

Es wirkt bisweilen erfrischend, wie sehr im UFA Lab aktuell vor allem über Inhalte gesprochen wird. Man darf allerdings durchaus gespannt sein, ob das nun gestartete Förderprogramm am Ende eines vermutlich langen Weges auch Früchte tragen wird.