Silke Burmester hat mich am Mittwoch in ihrer bezaubernden taz-Kolumne einen Totalrumnörgler genannt. Das hat mir gefallen. Totalrumnörgler, das bin ich. Ich überlege schon, ob ich mir das auf die Visitenkarte drucken lasse. Hans Hoff – Totalrumnörgler. Das erscheint mir angesichts der eher zweifelhaften Leistungen mancher Kollegen in meinem Gewerbe ohnehin charmanter als die schwammige Bezeichnung Journalist. Was sich auf dem Feld für Typen tummeln. Ach, ich könnte Geschichten erzählen...

Aber ich nörgele schon wieder. Ehrlich gesagt, macht mir nörgeln Spaß. Sehr viel Spaß sogar. Wenn ich am Morgen meine Portion Nörgelei ausgegeben habe und aus meinem Grummelloch (Copyright Silke Burmester) ans Tageslicht steige, bin ich ausgeglichen wie sonst wohl kaum jemand. Meine Frau genießt diese Momente sehr. Also das Hinterher. Das Vorher wird manchmal selbst ihr zu viel. Dann fragt sie, ob ich denn immer alles und jeden schlecht machen muss. Muss ich.

Es gibt Freunde, die rufen mich an und sagen: Du, ich habe da eine tolle Geschäftsidee. Können wir uns nicht mal zusammensetzen, und du redest mir die schlecht? Das kannst du doch so gut.“ Ich gelte im Freundeskreis als staatlich anerkannter Bedenkenträger. Wer nach dem Gespräch mit mir immer noch von seiner Idee begeistert ist, weiß, dass sie was taugt. Ich kann halt gut demotivieren. Wäre Bill Gates einst zu mir gekommen, um über seine Pläne zu sprechen, er säße heute noch in seiner Garage und bastelte an Transistorradios statt diesen Quatsch mit diesen Computern zu entwickeln. Viele meiner Freunde fragen sich, wieso ein so ausgeglichener Mensch wie ich immer wieder so viele garstige Gedanken haben kann. Ich antworte dann mit einem sehr einfachen Satz: Ich schaue fern.

Nun weiß ich, dass das ganz viele andere Menschen auch machen und nicht zum Totalrumnörgler werden. Vielleicht ist es ein Gendefekt, der mich zwingt, an allem etwas auszusetzen. Vielleicht ist es aber auch nur mein Beruf. Ich schaue als Kritiker genau hin, und wer genau hinschaut sieht eben vieles, das einem Nebenbeigucker, der zusätzlich noch auf dem Second Screen herumfuhrwerkt, nie auffallen wird.

Es gibt übrigens durchaus Menschen, die meiner Meinung sind. Nicht immer, aber sehr oft passiert das. Obwohl diese Menschen dasselbe Programm sehen wie ich und es genauso mies finden, mögen sie es nicht, wenn von mir immer alles bemäkelt wird. Auch wenn immer alles schlecht ist, darf man offenbar nicht sagen, dass immer alles schlecht ist. Der Durchschnittsmensch verkraftet das nicht. Es schadet der Seelenhygiene, wenn man immer nur im Dreck wühlt. Und keine Angst, ich sage jetzt nicht, dass man das doch wohl noch sagen darf.

Im Grunde bin ich sehr zufrieden mit dieser Welt. Ich weiß schließlich, dass ich als Totalrumnörgler von ihrer Unzulänglichkeit lebe. Wäre alles immer ganz wunderbar, hätte ich nichts zu schreiben und lernte dann meine Sachbearbeiterin bei der Arbeitsagentur kennen. Außerdem hebt das Entdecken von Fehlern in den Taten der anderen mein Selbstbewusstsein. Wenn ich weiß, wie schlecht alles sein kann, bin ich viel schneller mit meinen eigenen Fähigkeiten zufrieden.

Als Totalrumnörgler nörgele ich natürlich auch an mir selber herum. Ich habe mich erst kürzlich wieder von meinem Körper distanziert, weil er in Richtungen wächst, die ich nicht gutheißen kann. Ich bin mir ziemlich sicher, dass mein Körper irgendwann in der Hölle schmoren wird. Mein Geist dagegen wird in den Himmel für Totalrumnörgler aufsteigen. Dort wird er auf lauter Gleichgesinnte treffen. Gemeinsam wird man auf einer Couch hocken und den ganzen Tag fernsehen und totalrumnörgeln. Hach, wird das eine Freude!

Uuups, das klang verdächtig nach guter Laune. Sehen Sie mir den Ausfall nach, liebe Frau Burmester. Ich wollte ihr klares Urteil nicht trüben. Ich finde gleich wieder etwas zum Nörgeln. Moment, ich schalte mal auf meine Festplatte und suche was von der ARD. Aaah, da ist die Aufzeichnung von „Maischberger“. Ein Klick nur, und schon kann die Meckerei beginnen.