Auch haben. Ich will. Ich kann. Ich habe was zu bieten. Vielleicht sogar mehr als manch anderer. Warum in Dreiteufelsnamen also bin ich noch nicht „Tatort“-Kommissar? Daran muss sich was ändern. Alle dürfen in den „Tatort“. Komplette Sprachverweigerer wie Til Schweiger, kauzige Franken wie Frank-Markus Barwasser und Haarpflegemodelle wie Heike Makatsch sind oder werden „Tatort“-Ermittler. Warum sollte ich da nicht mithalten können?

Spreche mir bloß keiner die Qualifikation ab. Nach mehrfachen Professions- und Berufswechseln kann ich auf eine durchaus reichhaltige Biographie verweisen, die in meiner aktuellen Psyche durchaus Spuren hinterlassen hat. Fast könnte man sagen, ich hätte eine Macke. Bevor jetzt die Kommentatoren in ihrer Mehrzahl „Haben wir immer schon gesagt“ jubeln, sage ich, dass sich diese Macke nicht genau einkreisen lässt. Das ist wichtig für einen „Tatort“, dass man nicht genau weiß, was da war in der Vergangenheit des Ermittlers. Sicher ist nur, dass das, was war, im aktuellen Verhalten deutliche Spuren hinterlässt (siehe Dortmund, siehe Wiesbaden).

Ich kann auch mit mehreren Spielorten aufwarten. Ich lebe im quirligen Düsseldorf und im beschaulichen Eifelstädtchen Nideggen. Von meiner Terrasse in der Eifel gibt es eine großartige Fernsicht auf den Kölner Dom und den Düsseldorfer Fernsehturm. Das sind Bilder, die hat sonst keiner. Außerdem ist Nideggen gerade schwer ins Gerede geraten, weil der Rat zu doof war, einen vernünftig ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Da hat das Land dann einen Sparkommissar entsandt, der kurzerhand die Steuern auf alle Häuschen im Ort verdoppelt hat. Also wenn da keine Motive für einen veritablen Mord am „Tatort“-Anfang liegen, wo dann?

Ich könnte natürlich auch in Düsseldorf ermitteln. Vielleicht in einem Zeitungshaus, wo ich mal gearbeitet habe. Ich könnte dort dem mysteriösen Verschwinden von Mitarbeitern nachspüren. Jahr für Jahr gibt es dort weniger Angestellte. Wo sind die alle hin? Der Frage könnte ich nachgehen.

Ich könnte natürlich auch in den rheinischen Villen der ortsüblichen Reichniks ermitteln, könnte das große Gefälle im städtischen Sozialsystem aufzeigen und damit die von offizieller Seite gern propagierte Wohlstandsidylle als hässliche Fratze des Kapitalismus entlarven. Düsseldorf hatte schon lange keinen Kommissar mehr und ist doch von herausragender Bedeutung. Die Tatsache, dass ich zwischen zwei Wohnorten pendele, käme dem erweiterten „Tatort“-Konzept, bei dem immer mehr Kommissare (Ulrich Tukur, Wotan Wilke Möhring) durch die Lande lavieren, durchaus entgegen.

Ich hätte auch einen feinen Sidekick zu bieten. Mit einem befreundeten Musiker im Nachbarort könnte ich die Fälle prima erörtern („Was haben wir bis jetzt?“), und wenn sich dann die große Ratlosigkeit mit dem abendlichen Eifelnebel mischt, machen wir Musik. Heinz spielt Klavier, ich singe dazu. Machen wir sowieso. Kostet nichts extra. Manfred Krug steh uns bei.

Als Journalist habe ich natürlich auch die Befragungstechniken drauf, die man als „Tatort“-Held so braucht („Erleichtern Sie doch Ihr Herz. Sie waren es doch.“), und für die üblichen Verfolgungsjagden weiß ich ein paar dufte Eifel-Nebenstrecken mit tollen Serpentinen, wo sich im Sommer regelmäßig Motorradfahrer dem Tode nahebringen. Auch bei denen sehe ich Opferpotential (Arbeitstitel: Die böse Ölspur in der Kurve).

Wie man sieht, habe ich alles, was ein „Tatort“-Kommissar braucht. Ich schieße meiner Liebsten auf dem Rummel auch gern mal einen Schraubenzieher („Hier, Schatz, ein Schraubenzieher als Zeichen meiner Liebe.“), bin also bestens an der Waffe trainiert. Nachdem jetzt dem WDR die Gebührenmilliarden ja nur so in die Kasse drängen, kann er sich doch einen vierten „Tatort“-Spielort locker leisten. Notfalls kürzen wir einfach die Kölner Folgen. Deren Sozialproblemromantik kann ich auch. Ich war früher mal Sozialpädagoge („Wo geht’s zum Bahnhof?“ „Weiß ich nicht, aber schön, dass wir drüber geredet haben.“) und kann immer noch ganz prima ganz erstaunt gucken, wenn man mir Selbstverständlichkeiten erzählt („Ach, es gibt tatsächlich Obdachlose im reichen Düsseldorf?“).

Das war's mit der Bewerbung. Lieber WDR, du hast meine Nummer. Sieh zu, dass mein Telefon bald klingelt. Und bevor der MDR Bernd das Brot als Kommissar vorschlägt, wie es Michael Hanfeld in der FAZ schon prognostiziert hat, bin erstmal ich dran. Ich zahle seit 30 Jahren Rundfunkgebühren. Da habe ich mir das irgendwie doch auch verdient, dass ich mal was zurückkriege. Oder?