Allen, die in ihrer Brunft auf den Gedanken kommen, es mal mit „Tatort“-Personal versuchen zu wollen, sei sehr deutlich ins Poesiealbum geschrieben: Don't. Man schläft nicht mit „Tatort“-Stars. Tut man es doch, ist man am Ende tot oder man muss in den Knast. Für den Kollegen Leo, mit dem die Bremer Kommissarin Inga Lürsen kurz herum schmust, kommt das zwangsläufige Finale schon sehr früh. Sein Leben endet an diesem Sonntag nach wenigen Minuten, weil er offensichtlich allergisch ist gegen ruckartig zugeführte Messerklingen in seinem wuchtigen Körper. Plötzlich liegt er da auf dem Polizeiklo in einer Blutlache herum und gibt keinen Mucks mehr von sich.



Das ist natürlich traurig für die von Sabine Postel gespielte Kommissarin, denn Inga Lürsen hat eigentlich genug damit zu tun, herauszufinden, wer eine junge Ärztin bedroht. Die hat ihren Ex-Mann in Verdacht, der vor Jahren verurteilt wurde, weil er die gemeinsame Tochter getötet haben soll. Allerdings bleibt die Kommissarin nicht sehr lange allein. Erstens kehrt ihr Kumpel Kommissar Stedefreund (Oliver Mommsen) zurück, und zweitens verliebt sich der Mann, der in diesem „Tatort“ das Licht setzt, in die Hauptdarstellerin. Anders kann man die Bilder nicht deuten, die Inga Lürsen stets mit mindestens einem Hauch von Heiligenschein zeigen. Lürsen ist blond und langhaarig, und deshalb liegt stets ein seliger Schimmer auf ihrem Haupthaar. Während alle anderen im Dunkel verharren, wird sie vom Licht gesucht und gefunden. Eine Lichtgestalt vielleicht. Eine Erleuchtete mindestens.

Natürlich will sie selbst ermitteln, obwohl man doch schon auf der Polizeigrundschule lernt, dass nicht in eigener Sache aufklären kann, wer gerade erst den Liebsten verlor. Wurschtegal, es ist „Tatort“. Man kennt das. Würden sich „Tatort“-Ermittler immer an Recht und Gesetz halten, wären viele Fälle schon nach zehn Minuten gelöst, und es blieben 80 Minuten Restlaufzeit unbefüllt zurück. Außerdem wären dann auch all jene Korinthenkacker arbeitslos, die sich mit televisionären Grenzüberschreitungen befassen und das Ergebnis dann in die Welt zwitschern.

So muss sich der blonde Leuchtengel namens Lürsen durch so einige Verwirrungen wurschteln. Und durch viel Düsternis. Sie muss wissen, wer die Ärztin bedroht hat, sie muss auch wissen, wer ihren Liebsten meuchelte. Dass sie darüber leicht zwanghaft agiert, mag hinzunehmen sein. Gänzlich ärgerlich gerät aber wieder einmal die Seitenstranggeschichte. Da geht es um den Rückkehrer Stedefreund. Der war als Polizist in Afghanistan, und wer nach Afghanistan geht, kehrt, so schreibt es das Krimi-Gebetbuch vor, nie ohne Kriegstrauma zurück. Wer aus Afghanistan ohne Kriegstrauma zurückkehrt, war quasi nicht da. Nun muss also Stedefreund sein Bröckchen kauen, auch wenn es zum Fortgang der Geschichte herzlich wenig beiträgt.

Wichtig ist natürlich auch, dass wieder mal alles mit allem zusammenhängt. War nicht der gemeuchelte Lürsen-Lover einst jener Ermittler, der im Falle der toten Tochter der nun bedrohten Ärztin ermittelte. Hatte nicht der damals verurteilte Vater allen Grund, ihn zu hassen und zu meucheln? Hatte er. Aber er hat nicht. Ist natürlich die falsche Fährte zwischendrin. Allerdings riecht man ihr Falschsein so penetrant, dass sie nicht einen Moment glaubwürdig erscheint.

Am Ende steht eine Kommissarin da, die alles gewonnen und alles verloren hat, der das Leben überdeutlich gezeigt hat, was es kann. Nur die Blondheit kann ihr keiner nehmen. Sie schwebt weiter durch den düsteren Raum und illuminiert ihn allein durch ihre Anwesenheit. Ein Engel namens Inga. Von oben scheint das Licht auf ihr rapunzeliges Haupthaar. Es leuchtet wie Gold, viel Gold.

Den Liebhaber verloren, den freundschaftlich verbundenen Kollegen aus Afghanistan zurückbekommen, das klingt wie ein Leben voll mit bitterem Honig. Genau so sieht es dann auch aus in diesem ziemlich ambitionierten, letztlich aber reichlich überflüssigen Stück Sonntagskrimi. Es ist trotz all der Brutalität und Düsternis Dutzendware. Mit ein paar Regieeinfällen vielleicht. Kein Grund einzuschalten.