Frau Mayer, wie lebt es sich eigentlich als Schweizer "Tatort"-Kommissarin?

Die Menschen wissen, dass ich Kommissarin bin. Ich werde oft darauf angesprochen und muss ständig über den "Tatort" allgemein Auskunft geben. Ich schütze mich aber, indem ich immer behaupte, ich schaue mir keinen an. (lacht)

Und das stimmt auch?

Nicht ganz, aber im Moment schaue ich deshalb mir nicht so viele "Tatorte" an, um für meine eigene Rolle möglichst frei zu bleiben.

Im deutschen Fernsehen hat der "Tatort" unbestritten eine große Stellung. Kann man das in der Schweiz überhaupt nachvollziehen?

Der "Tatort" ist grundsätzlich erst mal ein deutsches Phänomen und trifft das deutsche Ego vermutlich etwas stärker. Aber es gibt bei uns genauso wie in Deutschland riesige Fan-Gemeinden, die man am Sonntagabend besser nicht anruft, und die auch kleine Veränderungen aufmerksam verfolgen und diskutieren. So gesehen ist es recht ähnlich, wenn auch natürlich eine Nummer kleiner als in Deutschland. Die Einschaltquoten sind aber auch bei uns sehr hoch, gerade wenn wir mit dem Schweizer "Tatort" flimmern. Die Leute nehmen großen Anteil und schauen das mit Feuer.

Dabei hat es über Jahre hinweg gar kein Schweizer Ermittler-Team gegeben. Wieso ist es Ihrer Meinung nach trotzdem so wichtig?

"Wichtig" ist das falsche Wort. Es ist immer die Frage, was ein Land braucht und was nicht. Es ist aber sowohl für den deutschen als auch den Schweizer Markt spannend. Die Schweizer schauen unseren "Tatort" sicher anders als die in Deutschland angesiedelten. Wir haben unseren eigenen Dialekt und sind mit unseren Fällen einfach näher an einer möglichen Schweizer Realität. Da kann ein Schweizer sich möglicherweise weniger distanzieren, als wenn er sich einen deutschen "Tatort" anschaut. Und die deutschen Zuschauer wollen wir die Schweiz spüren lassen, weil es eben doch eine andere Note mit eigenen Themen und Herangehensweisen ist.

Wie versuchen Sie ganz persönlich, diese Note hereinzubringen?

Generell sehe ich mich als Kosmopolitin. Eine typische Schweizerin bin ich also bestimmt nicht. Im "Tatort" läuft bei mir trotzdem viel über die Sprache, auch wenn der Schweizer Dialekt bei mir eher ein Produkt ist - sonst spreche ich hochdeutsch. Ansonsten dringt die Rolle einfach durch die Haut nach außen, auch durch das Wesen, das ich bin. Ich spiele keine klassische Schweizer Figur im Gegensatz zu meinem Partner, der sich Zeit lässt und nicht immer so schnell und impulsiv reinfährt. Meine Figur ist schnell und macht auch mal Fehler. Dieses Temperament ist für die Schweizer eher eine Provokation.