Herr Dr. Kloiber, erleben wir die Branche bei der diesjährigen MIPCOM in besserer oder schlechterer Stimmung als beim letzten Mal?

Die Stimmungslage ist durchaus heiter bis dynamisch, weil viele neue Marktteilnehmer auftreten, die Content-Anbietern und Vertriebspartnern immer neue Möglichkeiten der Auswertung eröffnen. Teilweise haben einige zwar auch schon enttäuscht, aber am Ende sind sie trotzdem eine Bereicherung. Das Fernsehen hat eine neue Vielfalt auch durch Anbieter wie Hulu, Intel und Netflix. Der Sinn einer solchen Messe besteht ja auch darin, solche Marktteilnehmer kennenzulernen für die man sonst nach San Francisco reisen müsste.

Welche Hoffnungsträger oder Perspektiven haben Sie denn enttäuscht?

Ach gut, es ist gibt ja immer wieder mal Ankündigungen von neuen Plattformen und Verbreitungswegen. Nicht alle können so schnell das einlösen, was sie versprechen. Das Thema SVOD, also subscription video on demand, beispielsweise. Da hatte man vor vier Jahren für 2012/13 sicher ganz andere Planzahlen gelesen als man sie jetzt haben wird. Das ist keine komplette Enttäuschung aber es entwickelt sich eben langsamer. Da freuen wir uns in Mitteleuropa ja noch über ein relativ stabiles klassisches Video/DVD-Geschäft, was in angelsächsischen und anderen Märkten schon große Einbußen verzeichnet.

Blicken wir auf nachweisbare Trends: Da merkt man eine neue Kultur der europäischen Koproduktionen. Teilen Sie die Auffassung?

Das kann man fast als eine nostalgische Rückkehr zu den Anfängen der Tele München betrachten. Wir waren ja in den 70er und 80er Jahren die Meister der paritätischen Koproduktion. Wo wir mit Franzosen, Engländern und Italienern auf eine Produktion in Kooperation verständigt hat. Das kommt jetzt wieder. Es ist ja überhaupt ein bisschen die Rückkehr der großen Event-Fiction da. Die Deutschen machen das gerne mit sehr deutschen Themen aber es gibt auch durchaus ein Revival der großen Koproduktionen in Europa - für die sich plötzlich auch der US-Markt interessiert, durch die anspruchsvoller gewordenen PayTV- und Kabelsender dort.

Mit welchen Highlights reist die Tele München Gruppe zur MIPCOM nach Cannes?

Wir machen ja die englischsprachigen Rosamunde-Pilcher-Verfilmungen. Da haben wir wieder einen neuen Zweiteiler mit Rupert Everett, die ja auch nicht jeden Tag im Fernsehen erscheint, und John Hannah. Dann haben wir eine weitere Staffel unserer CBS-Serie "Flashpoint". Da sind wir die einzige europäische Vertriebsorganisation die 75 Stunden US-Network-Serie in den Weltmarkt bringt. Das bedeutet bei bereits 120 Lizenznehmern Gespräche über Verlängerungen. Wir haben auch einige Mini-Serien und "Moby Dick", der noch in einigen Ländern auf sein Plätzchen wartet sowie die ersten vier Folgen der Dokumentarserie „Cosmos“.

Die letzte Frage an Sie als Cannes-Insider: Haben Sie einen ultimativen Tipp für MIPCOM-Besucher?

Mein Tipp nach 42 Jahren MIP: Möglichst nie stehen bleiben. Immer weiter gehen und dabei möglichst unter den Palmen wandeln wie Nathan der Weise.

Herr Dr. Kloiber, herzlichen Dank für das Gespräch.