Als Vox Mitte Mai ankündigte, dass die neue Dokusoap "Lothar - Immer am Ball" über Lothar Matthäus ab 24. Juni auf dem Sendeplatz sonntags um 23:15 Uhr - und teils sogar noch später - laufen werde, da war eigentlich klar: Eine Vorzeigeproduktion ist das wohl nicht geworden. Diesen Eindruck konnte auch die nachgeschobene Erklärung, man wolle die Sendung eben im Umfeld der EM zeigen, kaum zerstreuen. Auf dem "Factual Entertainment Summit" am Mittwoch in Köln gab Vox-Chefredakteur Kai Sturm nun auch unumwunden zu: "Lothar Matthäus läuft um 23:15 Uhr. Das ist ein Zeichen, dass wir nicht wirklich glücklich mit dem Programm sind."

Die Produktion der Sendung habe stattdessen zu "vielen grauen Haaren" geführt. Sie sei aber geradezu beispielhaft dafür, wie schwer gutes Factual Entertainment zu produzieren sei - gerade wenn man mit Prominenten dreht. Vox sei es wichtig, dass die Protagonisten authentisch auf dem Bildschirm agieren. Doch schon hier hat es wohl gehapert: Eine Figur wie Lothar Matthäus, die jeder kennt und die schon in fast jedem Magazin ihre Bremsspur hinterlassen hat, habe eine ganz eigene Wahrnehmung von sich. "Wie Lothar Matthäus sich selbst wahrnimmt hat wenig mit der Wahrnehmung durch die Zuschauer zu tun", so Sturm.

Auch der Chef der verantwortlichen Produktionsfirma Eyeworks, Oliver Fuchs, räumte Probleme bei der Produktion ein. Die verschiedenen Beteiligten - also etwa Matthäus selbst, sein Management aber auch Sender und Produktionsfirma - seien mit sehr unterschiedlichen Vorstellungen davon, was sie sich von der Sendung erhoffen, in das Projekt gegangen. Gleichzeitig betonte er, dass man Matthäus fair behandeln und ihn keinesfalls demontieren wollte - "auch wenn es vielleicht ab und zu einfach gewesen wäre", so Fuchs.

Ist der Fall Matthäus ein Einzelfall? Eher nicht. Derartige Formate sind im Vorfeld einfach kaum planbar. "Bei diesen Celebrity-Dokus kaufst du immer die Katze im Sack", so Markus Küttner, Bereichsleiter Real Life & Comedy bei RTL. Die Macher der "Osbournes" hätten vorher wohl kaum vermutet, welche Dynamik die Sache im Lauf der Zeit bekommt. Auf der anderen Seite habe auch RTL schon die Erfahrung gemacht, wie leicht man daneben greifen kann - etwa bei der Dokusoap über die Effenbergs. Man könne einfach nicht vorher wissen, wie sich Stars verhalten, wenn man sie über Tage oder Wochen hinweg ständig mit der Kamera begleite.

Da ist es natürlich geradzu ein Glücksfall, wenn man sich seine "Stars" selbst schaffen kann und dementsprechen weiß, worauf man sich einlässt. Daniela Katzenberger ist das Paradebeispiel. Sie tauchte zunächst in "auf und davon" auf, wurde dann länger in "Goodbye Deutschland begleitet und bekam, nachdem sie sich dort bewährt hatte, schließlich ihre eigene, sehr erfolgreiche Dokusoap. "Das Verdienst von Vox ist es, dass wir es zugelassen haben, dass sie sich bei uns austobt", so Kai Sturm. Und Katzenberger soll nur der Anfang sein: Der Vox-Chefredakteur kündigte an, dass man noch weitere Charaktere aus dem "Goodbye Deutschland"-Reservoir ausfindig gemacht habe, die ebenfalls eine größere Rolle im Vox-Programm übernehmen könnten.

Genug hat Vox trotz der negativen Erfahrungen mit "Lothar - Immer am Ball" aber auch von Celebrity-Dokusoaps nicht. Die nächste steht nämlich bereits vor der Tür: Acht Folgen lang wird demnächst der schillernde Mode-Designer Harald Glööckler in einem eigenen Format mit der Kamera begleitet. Zumindest hier hat Vox im Vorfeld schonmal Erfahrungen gesammelt: An Neujahr war schon das Special "Herr Glööckler zieht um" zu sehen - mit zumindest halbwegs soliden Quoten und wohl weniger Problemen in der Produktion.