Der Fall Kachelmann war auch in Sachen Medienberichterstattung ein besonderer: Es gab zwei Lager - für die einen war Kachelmann von Vornherein schuldig, für die anderen war er unschuldig. Wie das Urteil ausfallen würde, war da schon fast nebensächlich. Kachelmann wurde freigesprochen, weil der Vorwurf nicht beweisbar war. An der Meinung der von Anfang an von Kachelmanns Schuld überzeugten Alice Schwarzer, die erstaunlicherweise für "Bild" die Gerichtsreporterin spielte, hat das Urteil aber wenig geändert, wie sie in diversen Interviews, Beiträgen und auch in der SWR-Sendung "Leute" vor rund einem Monat deutlich machte.

Dort gab sie eine eigentümliche Interpretation des Urteils zum Besten: "Der Richter hat gesagt: Wir haben Restzweifel an der Schuld. Das heißt, wir sind überwiegend von der Schuld überzeugt, bleiben aber Restzweifel. In tieferer Kenntnis des Falles komme ich zum selben Schluss wie das Gericht: Ich halte es für sehr wahrscheinlich, dass er es war." Das Problem: Von vermeintlich kleinen "Restzweifeln" war gar nicht die Rede, sondern schlicht von Zweifeln. Daraus lässt sich kaum schließen, dass das Gericht "überwiegend von der Schuld überzeugt" gewesen sei.

Jörg Kachelmann ließ Alice Schwarzer daher über seinen Anwalt Ralf Höcker, der ihn in Medienangelegenheiten vertritt, zunächst abmahnen, wie sie in einem aktuellen Beitrag für die Zeitschrift "Emma" selbst bestätigt. Darin übt sie zwar völlig berechtigte Kritik an der Voreingenommenheit etwa der "Zeit"-Gerichtsreporterin Sabine Rückert, sieht sich selbst aber erstaunlicherweise als unvoreingenommen an und gibt das Unschuldslamm, das es sich "lediglich erlaubt (habe), darauf hinzuweisen, dass es sein könnte, dass die Frau die Wahrheit sagt." Die "absurde Abmahnung" wegen oben beschriebener Aussage, kritisiert sie als Einschüchterung der Presse.

Da Schwarzers Aussagen aber kaum haltbar waren, hat Kachelmann über seinen Anwalt nun eine Einstweilige Verfügung erwirkt. "Frau Schwarzer hat sich geweigert, eine Unterlassungserklärung abzugeben, so dass es notwendig wurde, eine einstweilige Verfügung gegen sie zu beantragen. Das LG Köln hat es Frau Schwarzer heute verboten, die von ihr erfundene falsche Wertung der Mannheimer Richter erneut zu verbreiten", so Kachelmann-Anwalt Ralf Höcker in einer Stellungnahme.