Erst wirkte der Hurrikan Irene fern und wie einer von vielen, die jedes Jahr in der Hurrikan-Saison entstehen und sich dann doch wieder verflüchtigen. Dann wurde Irene zur konkreten Bedrohung für den Südosten der USA und Ende der Woche wurde den New Yorkern bewusst, dass Irene auch sie treffen wird. Die Medien sorgten dafür, dass das jeder mitbekam. Manch einer lernte plötzlich, dass es überhaupt so etwas wie Hurrikan-Evakuierungszonen gibt. Unser New Yorker Kollege Matthias Müller wohnt in so einer. In Zone B. Hier wurde vor schweren Folgen gewarnt - aber nicht zur dringenden Evakuierung aufgerufen. Immerhin.

Seit Freitag kannten weder die Medien in den USA noch bei uns eine Zurückhaltung in der Berichterstattung über Hurrikan Irene. Auf zynische Art ist es für Journalisten offenbar einfach zu faszinierend, eine so symbolträchtige Metropole wie New York einer Naturgewalt ausgesetzt zu sehen. Leider spielten in der Berichterstattung diese möglichen Horrorszenarien eine wichtigere Rolle als die tatsächliche Entwicklung des Hurrikans. Während in den US-Medien, mit ihren schon unter normalen Umständen für uns manchmal kurios wirkendem Interesse an XXL-Wetterberichten, immerhin noch die Analyse des Sturms, seiner Stärke und momentanen Position stärker im Mittelpunkt stand, war das für deutsche Leser nicht von gleicher Relevanz.

Als Beobachter aus der Ferne geht es uns hier in Deutschland eben nicht um den praktischen Nutzen einer solchen Berichterstattung. Es geht, davon kann man sich auch als Leser nicht immer frei machen, um die Gier nach Sensationen und spektakulären Informationen oder Bildern. Das bedienten an diesem Wochenende die beiden größten deutschen Nachrichtenangebote im Web in Perfektion. Sowohl bei Spiegel Online wie auch Bild.de wurde die Entwicklung des Hurrikan Irene zu einem Countdown für eine mögliche Katastrophe in New York City. Fast ein bisschen so, als wäre der Weg, den Irene dorthin mit Zerstörung und Opfern fordert, nur halb so dramatisch. Und so schrieb man die bevorstehende Katastrophe herbei.