Frau Maischberger, im Herbst wird der Wettbewerb unter den ARD-Talkshows ja noch intensiver. Haben Sie keine Sorge, dass Ihnen dann Gäste wie Alice Schwarzer noch stärker die Regeln diktieren können?

Die Sendung mit Alice Schwarzer hatte eine andere Vorgeschichte, als nachher zu lesen war. Zunächst mal: Sie können niemanden zwingen mit anderen Menschen gemeinsam in einer Sendung aufzutreten. Wir hatten uns das ambitionierte Ziel gesetzt, Alice Schwarzer und den Kachelmann-Verteidiger Johann Schwenn zum gemeinsamen Gespräch einzuladen. Nachdem die Staatsanwaltschaft von vornherein klar gestellt hat, dass sie keine Interviews geben wird, war Alice Schwarzer diejenige, die auf der Angriffsseite am stärksten profiliert war. Beide hatten unter Vorbehalt auch zugestimmt. Dass es nicht geklappt hat, lag dann aber nicht daran, dass Alice Schwarzer Herrn Schwenn ausgeladen hätte, sondern an den Bedingungen Schwenns.

 

Wie sahen die aus?

Herr Schwenn hatte gefordert, dass drei andere Gäste eingeladen werden, nämlich die "Zeit"-Gerichtsreporterin Sabine Rückert, ein männliches Opfer, das er in einem ähnlichen Fall verteidigt hatte, sowie ein Vertreter des Burda-Verlags. Alice Schwarzer hatte tatsächlich Einwände gegen Sabine Rückert, die Runde aber sonst akzeptiert. Als Ersatz haben wir den ehemaligen ARD-Rechtsexperten Möller angeboten, den aber wiederum Johann Schwenn nicht akzeptieren wollte. Er war nicht bereit, an seiner Wunschkonstellation Abstriche zu machen. Johann Schwenn hatte versucht, uns die Bedingungen zu diktieren. Das ist ihm nicht gelungen.

Das klingt höchst kompliziert und anstrengend...

Das ist es auch, aber das war für uns nichts Neues, sondern ist unser tägliches Geschäft, weil wir eben niemanden zwingen können, mit jemand anderem in ein Studio zu kommen. Wir müssen immer versuchen einen Weg zwischen unserer redaktionellen Freiheit und den Befindlichkeiten der Gäste zu finden. Dass daraus zum Schluss die Überschrift wurde, "Alice Schwarzer lädt Schwenn aus", hat mich aber doch geärgert, weil es schlicht falsch ist.

Da stellt sich ja die Frage, was inzwischen schwieriger ist: Die Gesprächsführung oder überhaupt erst einmal die Gesprächsrunde zusammen zu bekommen...

Das ist wirklich eine sehr gute Frage. Natürlich ist auch heute noch die Gesprächsführung am Ende das wichtigste, aber Sie können ja ohne Gäste im Studio überhaupt kein Gespräch führen. Und diese ins Studio zu bekommen ist natürlich schwieriger geworden seit den ersten Sendungen, die ich vor 20 Jahren gemacht habe. Das liegt daran, dass es nicht nur in der ARD, sondern in allen Programmen viel mehr Gesprächssendungen gibt. Alle potentiell interessanten Gäste sind dadurch heiß begehrt. Es ist für jede Redaktion ein täglicher Kampf, die besten Gäste für sich zu gewinnen. Aber das ist eine Entwicklung, die in anderen Ländern schon früher stattgefunden hat. Wir haben jetzt rein mengenmäßig aufgeholt und stehen vermutlich vor den gleichen Herausforderungen, wie sie die Kollegen im angelsächsischen Bereich schon länger haben.

Also in erster Linie nehmen die Gesprächssendungen bei den Öffentlich-Rechtlichen zu, besonders bei der ARD inklusive den Dritten Programmen...

Die Dritten Programme sind für uns allerdings keine große Konkurrenz. Wenn ein Gast bei Bettina Böttinger, in der "NDR Talkshow" oder bei "Plasberg Persönlich“ war, dann ist das für uns kein Hinderungsgrund, ihn ebenfalls einzuladen. Die Überschneidung der Zuschauerschaft dieser Sendungen ist nicht besonders groß. Das ist also nicht das Problem. Und ich weise auch darauf hin, dass das ZDF Vorreiter mit einer täglichen Talkshow war, nur hatten sie eben keinen wechselnden Moderator, sondern nur einen Kerner, der aber einen viel höheren „Gäste-Durchlauf“ hatte als die Sendungen im Ersten. Die ARD bietet dem Zuschauer dagegen mehr Abwechslung, weil sie jeden Abend einen anderen Gastgeber aufbietet.