IP Deutschland und SevenOne AdFactory© DWDL/IP/AdFactory
Es gibt hartnäckige Fernsehlegenden. Eine davon rankt sich um die Mär, dass die Sender die Lautstärke hochdrehen, wenn Werbung läuft. Das weisen die Sendergruppen ProSiebenSat.1 und RTL jedoch weit von sich. Nein, da wird nichts gedreht. Doch wie bei so vielen Legenden: Einen Funken Wahrheit gibt es doch. "Werbung - und übrigens oft auch Trailermaterial - wird subjektiv lauter empfunden als das Programm", erklärt Georg Nitzl, Director Sales Management bei ProSiebenSat.1-Vermarkter SevenOne Media. "Das liegt daran, dass bei der Werbung die Tonspur komprimiert wird und die Lautstärke somit eine geringere Dynamik aufweist". Auch die Tonhöhe in den Werbespots sei in der Regel eine andere als im eigentlichen Programm heißt es zudem seitens RTL-Vermarkter IP Deutschland.

So ist es wohl mit der Werbung: Die subjektive Empfindung des Zuschauers, der ja eigentlich nur sein Programm sehen möchte - das es meist ohne Werbung gar nicht gäbe - ist eine andere, als die tatsächliche. So ist auch die große Verschwörung der Sender, derzufolge alle Reklame zur gleichen Zeit läuft, eher eine Empfindung als ein Masterplan. Allerdings: Bei der Positionierung der Werbeinseln orientieren sich die Sender am bisher gemessenen Verhalten der Zuschauer im Markt. Da ist es zum Beispiel sinnvoll, dass ein Sender keine Werbung zeigt, wenn am Sonntagabend mehrere Millionen Zuschauer um 21:45 vom "Tatort" wegschalten. Je ausgefeilter die Überlegungen, um so weniger Zeit bleibt für Werbung. Die rechtlichen Vorgaben tun ihr Übriges - und damit kann man der Werbung zu bestimmten Zeiten nur schwer entgehen.

 

 

Wer sich letztlich um die genaue Positionierung der Inseln kümmert, darin liegen die größten Unterschiede in der für den Zuschauer relevanten Werbepraxis der beiden großen Sendergruppen. Während die Mediengruppe RTL Deutschland die letzte Entscheidung über die genaue Position des Werbeblocks in die redaktionellen Hände ihrer Programmplanung legt, ist bei ProSiebenSat.1 allein Vermarkter SevenOne Media verantwortlich. "Eine Abstimmung mit den Sendern findet nur in Ausnahmefällen statt", so Georg Nitzl. Operativ dürften die Unterschiede allerdings nicht allzu gravierend sein. Jährlich werden die groben Schemata für die Werbeblöcke entworfen, im Sechs-Wochen-Vorlauf der Programmplanung an die tatsächlichen Gegebenheiten angepasst.

Kleinere Unterschiede zwischen den Gruppen gibt es auch bei der Belegung der einzelnen Blöcke. So erstellen beide die Reihenfolge der Spots in einem Werbeblock nach dem sogenannten Fair-Share-Prinzip. "Das heißt, dass die attraktiven Randplatzierungen im Werbebreak proportional auf die Werbekunden verteilt werden", erklärt Ina Plack, Bereichsleiterin Disposition bei IP Deutschland. Bei SevenOne jedoch kann sich der Kunde gegen Aufpreis eine Platzierung an erster Stelle sichern. Einen Ausschluss für Konkurrenzprodukte innerhalb eines Blocks gibt es bei beiden nicht. "Die Dispo achtet aber darauf, dass die Spots von Wettbewerbern nicht unmittelbar aufeinander folgen", so Plack.

Eine eher untergeordnete Rolle spielt die Frage nach der Werbeposition bei der dramaturgischen Entwicklung einer Sendung. Zwar ist den Redaktionen die Werbung meist kein Dorn im Auge - schließlich zahlt sie ihre Gehälter -, allerdings kann sie manchmal hinderlich sein. Um den Serien "Danni Lowinski" und "Der letzte Bulle" bei Sat.1 einen optimalen Start zu ermöglichen, wurden die Pilotfolgen zum Beispiel mit nur einer Werbeunterbrechung gezeigt. "Wir arbeiten sehr kooperativ mit dem Sender zusammen und stimmen derartige Wünsche mit der Geschäftsführung der Sender oder dem Programmvorstand der ProSiebenSat.1 Media AG ab", so SevenOne-Manager Nitzl. Ein Vorgehen, dass man bei RTL eher nicht praktiziert. "Werbeinseln werden in der Regel nur bei unzureichender Nachfrage seitens der Werbekunden geschlossen", so Ina Plack. Schließlich sei ein gut gebuchter Pilot  auch ein Signal an die Werbetreibenden.