Dr. Christian FranckensteinAm zweiten Kongresstag der Medienwoche@IFA in Berlin zeigte sich, dass zähe Diskussionsrunden ohne Erkenntnisgewinn und Unterhaltungswert kein Naturgesetz sind bei Medienkongressen. Unter der fachlich kompetenten, aber mindestens so launigen Diskussionführung von "Tagesspiegel"-Kollege Joachim Huber diskutierten Vertreter diverser Medien-Sparten die Frage danach, wer eigentlich künftig für was zahlen wird. Eine Fragestellung mit der sich etwa die Musikindustrie sehr früh beschäftigen musste als illegale Downloads den Markt bedrohten.

Dort, so lässt sich heute bilanzieren, wurde die breite Mehrheit der Nutzer zum Zahlen für Musik-Inhalte erzogen. Während sich also Edgar Berger, CEO von Sony Music Entertainment für die deutschsprachigen Länder damit recht zufrieden zurücklehnen kann, stehen dafür jetzt andere Kollegen vor der Herausforderungen. Etwa Springer-Mann Jan Bayer, der mit den Apps des Verlages die Nutzer zum Zahlen für journalistische Inhalte erziehen will. Die bisherige Zufriedenheit mit dem Ergebnis trug auch schon Christopher Keese am ersten Kongresstag vor.

Doch wie sieht es beim Fernsehen aus? Hier schwelt seit Jahren ein bislang nie offen ausgebrochener Streit zwischen den Produzenten und Sendern. Denn hier ist die Kostenfrage nicht gegenüber dem Konsumenten, sondern im B2B-Bereich ungeklärt. So kann sich etwa Michael Lehmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Studio Hamburg Produktion nicht wirklich über die Ankündigung von RTL und ProSiebenSat.1 freuen, dass man ein gemeinsames Videoportal plane.

"Hier verdienen wir nichts", stellt er fest und pflichtet Dr. Christian Franckenstein (Foto) bei. Der Vorstandssprecher von MME Moviement hat ein wenig die Lust an Experimenten im Web verloren. Die zwischenzeitliche Strategie gleich ohne Sender Formate wie Websoaps ausschließlich und direkt für das Internet zu produzieren, sei nicht so attraktiv wie mal gedacht. Erfolgsversprechender sei eine Markenverlängerung aus dem klassischen linearen TV heraus. Doch da verderben ihm die TV-Sender den Spaß.

Denn Franckenstein beklagt wie Kollege Lehmann: Die Bezahlung von Auftragsproduktionen erfolgt unverändert an den Produktionskosten orientiert. Dass Sender aber inzwischen zahlreiche neue Auswertungsmöglichkeiten, etwa das Web oder mobile Angebote, nutzen können - es bringt den Produzenten nichts. Daran verdienen allein die Sender - wenn sie die Rechte nicht versauern lassen und niemand daran verdienen kann.
 
Während also die Musikindustrie vor Jahren oder aktuell der klassische Journalismus die Endnutzer an die Wertschätzung und Bezahlung heranführen, diskutiert die TV-Branche noch mit sich selbst. Dass kein Sendervertreter auf dem Podium saß, ließ den ihr Leid klagenden TV-Produzenten natürlich freien Lauf. Wünschen würde sich MME-Mann Franckenstein irgendwann einmal 10-15 Prozent Erlöse aus dem Digitalgeschäft.

Michael LehmannEinen ersten Schritt in die richtige Richtung habe die ARD gemacht, räumte Martin Moszkowicz, Vorstand Film und Fernsehen bei der Constantin Film ein. Mit den vor einigen Monaten in Kraft getretenen neuen Terms of Trade, die die Produzentenallianz mit der ARD ausgehandelt hatte, sollen die Produzenten künftig an weiteren Verwertungen ihrer Produktionen beteiligt werden. Ob das in der Praxis so klappen wird und welche Erlöse da zu erwarten sind, weiß aber noch niemand. "Es wird aber immerhin mehr sein als nichts", so Studio Hamburg Produktion-Chef Lehmann (Foto).

Es wäre aus Sicht der Produzenten ein Befreiungsschlag. Denn während eigene Gehversuche im Web bislang selten von Erfolg gekrönt waren, verdarb die mangelnde Perspektive auf Erlöse jede Kreativität bei der Verlängerung von bestehenden TV-Marken. Genau das forderten die Sender zwar inzwischen fast als Standard - wollen aber die Produzenten an den neuen Einnahmemöglichkeiten nicht beteiligen. Es ist und bleibt vermutlich erst einmal der Dauerbrenner unter den TV-Themen bei Medienkongressen.