Die ersten Minuten der Diskussionsrunde "Neu und neuer", in der geklärt werden sollte, welche technischen Innovationen das Fernsehen revolutionieren werden, waren vielversprechend: Das unvermeidliche Thema 3D wurde hinten an gestellt. Zunächst widmete man sich mit dem Wortungetüm Hybrid broadcast broadband TV einer Entwicklung, die tatsächlich das Medienverhalten nachhaltig verändern könnte und mit dem sich zudem unter Umständen auch Geld verdienen lässt. Oder wie es im Medienkongress-Sprech heißt: Am Ende des Tages ist in HbbTV Musik drin.
Hinter dem komplizierten Begriff mit den zwei Broad-Worten verbirgt sich eine Verbindung des klassischen Fernsehprogramms mit den Möglichkeiten des Internets - Hybrid-TV. Mittlerweile hat die Technologie Marktreife erlangt. Derzeit stehen in deutschen Haushalten laut einer Erhebung der GfK 1,5 Millionen HbbTV-fähige Endgeräte. Bis Ende kommenden Jahres sollen es Schätzungen zufolge bereits mehr als 6 Millionen sein. Noch allerdings gibt es kaum entsprechende Inhalte in Deutschland. Doch das soll sich bald ändern. Zur Internationalen Funkausstellung im Herbst will man bei ProSiebenSat.1 mit einem entsprechenden Showcase starten, kündigt Lars Friedrichs an. Friedrichs kümmert sich beim Fernsehkonzern um die Themen Teletext und Hybrid-TV.
Vom Teletext wird man sich dann früher oder später wohl verabschieden müssen. Das Bildschirmmedium mit der Klötzchengrafik wurde in diesen Tagen 30 Jahre alt. "Da ist es an der Zeit, das Thema zu Ende zu bringen", sagt Friedrichs und kündigt HbbTV als möglichen Nachfolger an. Lediglich einen Vertrag mit einem Partner gelte es noch zu schließen, bevor es losgehen kann. Darin geht es um den Contentschutz. Dass man zunächst im Testbetrieb startet, sieht Friedrichs gelassen. Auch der Videotext der ARD sei zwischen 1980 und 1990 offiziell lediglich im Testbetrieb gelaufen.
Der große Vorteil der neuen Technik: Das System setzt auf offene Standards und wurde von internationalen Partnern gemeinschaftlich entwickelt - darunter die französischen Anbieter TF1, Canal+ und France Television, aber auch das deutsche Institut für Rundfunktechnik und Satellitenbetreiber Astra. Damit setzt sich die Technik angenehm von proprietären Entwicklungen einzelner Unternehmen - wie zum Beispiel Apple oder Google - ab.
Im Gegensatz zu anderen Systemen sieht man den großen Vorteil im HbbTV auch in der Tatsache, dass der Standard auf die bereits im Internet geläufige Sprache HTML aufsetzt. Dementsprechend können bereits vorhandene Internetinhalte mit wenigen Modifikationen künftig auch auf dem Fernseher ausgegeben werden. Das Paradebeispiel: Die Möglichkeit zum Mitraten beim Klassiker "Wer wird Millionär". Ebenso möglich: Eine Anbindung an die bereits vorhandenen Mediatheken der Sender. Allerdings: Ebenso wie die mobilen Gerätschaften von Hersteller Apple, ist HbbTV nicht in der Lage, Flash-Inhalte wiederzugeben.
Neben hervorragenden Vermarktungsmöglichkeiten, die man sich von der neuen Verbreitungstechnik von Internetinhalten auf Fernsehbildschirmen verspricht, soll damit auch der Beginn der Personalisierung des Fernsehens eingeläutet werden."Fast alle haben einen eigenen Klingelton auf dem Handy", sagt Friedrichs. Warum also kein eigener Bildschirmhintergrund für den Fernseher? Was die Vermarktung angeht, so verspricht man sich zum Einen neue Formen, die aus der Verknüpfung von klassischen Fernsehinhalten mit den interaktiven Möglichkeiten des Netzes resultieren, sowie eine Erweiterung der klassischen Online-Werbung. So achte man zum Beispiel darauf, das Werbemittel, die im Netz eingesetzt werden, künftig auch kompatibel sind zur hybriden Fernsehtechnologie.