Jürgen BrautmeierRund eine Wochen nach seiner Wahl zum Nachfolger des scheidenden langjährigen LfM-Vorsitzenden Norbert Schneider setzt Jürgen Brautmeier, der voraussichtlich ab September sein Amt antreten wird, schon einmal eine erste Duftmarke. In einem Interview mit der "Welt am Sonntag" kündigt er an, stärker schon im Vorfeld gegen aus seiner Sicht problematische Formate vorzugehen, schließlich würden die Sender "immer noch ein bisschen weiterdrehen an der Verwahrlosungs- und Skandalisierungsschraube".

Weil ein Verbot der Ausstrahlung im Vorfeld allerdings nicht möglich ist und sich Prozesse im Nachhinein oft jahrelang hinziehen, setzt Brautmeier vor allem auf öffentlichen Druck im Vorfeld der Ausstrahlung. Man wolle mithilfe von Gutachten neue, vermeintlich problematische Formate fundiert kritisieren "und dadurch bei Sendern Sorge ums Image auslösen", so Brautmeier in einem Interview mit der "Welt am Sonntag". Auch weitere Verbände, Parteien und Interessengruppen wolle man verstärkt bewegen, an "konzertierten öffentlichen Aktionen mitzuwirken", um den Druck auf problematische TV-Produktionen zu steigern.

Als Beispiel nennt Brautmeier die Diskussion um das RTL-Format "Erwachsen auf Probe", die die Ausstrahlung zwar nicht habe verhindern können, die er aber dennoch als "keineswegs erfolglos" ansieht: "Immerhin hat RTL das eigene Format in Talkshows des eigenen Senders kritisch hinterfragt", so Brautmeier. Dadurch hätten die Zuschauer "reflektierter und distanzierter mit der Serie umgehen" können.

Allerdings seien die Landesmedienanstalten von dem Format kalt erwischt worden. Man habe erst durch eine RTL-Pressemitteilung von dem Format erfahren, obwohl es fast identisch zuvor auch in Großbritannien bei der BBC gelaufen sei. Um künftig besser vorbereitet zu sein, wolle er "ein europaweites Frühwarnsystem der Medienanstalten" aufbauen. Die Kollegen aus anderen Ländern sollen zeitnah berichten, wenn bei ihnen ein "Problem-Format" ausgestrahlt werde. "Dann können wir uns früher informieren und argumentativ abstimmen", so Brautmeier in der "WamS".