Bild: Gruner + JahrWer dachte, mit der Verabschiedung des letzten Rundfunkänderungsstaatsvertrags sei der jahrelang öffentlich mit aller Polemik ausgetragene Streit über das, was ARD und ZDF künftig online dürfen sollen, endlich beendet, wird in diesen Wochen eines besseren belehrt. Nachdem die Verlage zunächst in der Ankündigung einer harmlosen "Tagesschau"-Anwendung für Smartphones das Ende ihres Geschäftsmodells witterten, treibt sie nun eine mögliche Entscheidung des NDR-Rundfunkrats auf die Barrikaden.

Der "Spiegel" hatte berichtet, der NDR-Rundfunkrat, der "tagesschau.de" derzeit dem sogenannten Drei-Stufen-Test unterzieht, wolle das Angebot womöglich komplett als eigenständiges Angebot ohne Sendungsbezug genehmigen. Damit hätte "tagesschau.de" online nicht nur inhaltlich völlig freie Hand, auch die Nutzung aller technischen Verbreitungswege wie etwa der umstrittenen iPhone-App wäre ohne weitere Prüfung möglich, so der "Spiegel". Auch wenn man beim NDR betont, dass das Verfahren inhaltlich noch gar nicht abgeschlossen sei, laufen die Verlage nun seit Tagen Sturm.

Einem Bericht der "werben & verkaufen" zufolge erwägt mit Gruner + Jahr ein erster Verlag auch den Gang vors Gericht. Das Zeitschriftenhaus behalte sich sowohl zivilrechtliche Schritte wie "den Weg über die Verwaltungsgerichte" vor, zitiert "w&v" einen Verlagssprecher. Außerdem ruft G+J mal wieder nach der Politik: Man werde "verstärkt den Gesetzgeber auffordern, die  - offenbar bislang leerlaufende - Beschränkung der Online-Presse im Staatsvertrag für Rundfunk und Telemedien so deutlich zu formulieren, dass auch der NDR sie versteht", sagt ein G+J-Sprecher weiter.

Mehr zum Thema

Unterdessen forderte NDR-Intendant Lutz Marmor in der Anrufsendung "Redezeit" des Radiosenders NDR Info am Dienstagabend die Verlage auf, in der Diskussion ein "Mindestmaß an Fairness" zu bewahren. Man halte sich "strikt an das vom Gesetzgeber vorgesehene Verfahren, das derzeit läuft". Es stehe ihm zwar nicht zu, die Aktivitäten des Rundfunkrats zu kommentieren, er wolle aber klarstellen, dass es nicht um grenzenlose Expansionspläne bei "tagesschau.de" gehe, wie in der Diskussion manchmal dargestellt. "Es geht um einen Bestandstest für das Angebot tagesschau.de, das bereits seit knapp 14 Jahren existiert", so Marmor. "Ich glaube, dass die Gebührenzahler alles andere als erfreut wären, wenn wir erhebliche Teile dieses Angebots aus dem Netz nehmen müssten."

Alle Artikel rund um den jahrelangen Streit über die Internet-Aktivitäten von ARD und ZDF haben wir in einem DWDL.de-Thema zusammengestellt.