Das Erste zeigt seit diesem Freitag eine neue, wöchentliche Quizshow und die Ankündigungen waren groß. Das von Guido Cantz moderierte "Flieg mit mir" sollte das "Herzblatt"-Feeling wieder aufleben lassen, versprach der Sender großspurig. Nur leider ist daraus nichts geworden. Die von i&u produzierte Quizshow erweist sich als laues Lüftchen, dessen Konzept lediglich gut klingt. Bei der Umsetzung hapert es dann an allen Ecken und Enden.

Eigentlich würden die Themen Urlaub, Reisen und Quiz ja durchaus die Möglichkeit bieten, um eine spannende und unterhaltsame Sendung aufzuziehen. Das scheitert aber schon nach wenigen Sekunden, als Guido Cantz die ersten Sätze gesprochen hat und man sich vorkommt, wie auf einer Tupperparty von Oma Ursel. Die Sendung hat den Charme einer Kaffeefahrt für Rentner: Kein Tempo, keine Stimmung und erst recht keine Spannung.


Das Grundprinzip ist durchaus spannend: Zwei Singles suchen sich jeweils einen anderen Alleinstehenden aus und kämpfen mit ihm oder ihr dann gemeinsam gegen das andere Duo. Das Gewinnerteam kann sich danach entscheiden: Geht’s gemeinsam in den Urlaub (in jeder Folge dreht sich alles rund um ein Reiseziel. Auftakt: Hawaii) oder erhalten beide jeweils 1.500 Euro? Leider ist die Wahl des Quizpartners dann schon alles andere als innovativ: Da treten dann jeweils zwei Männer und zwei Frauen hinter einer Schattenwand hervor und die Kandidaten dürfen entscheiden, mit wem sie spielen wollen. Hier geht es nur um den ersten Eindruck. "Herzblatt"-Feeling kommt höchstens durch die Hintergrund-Musik auf, die aber auch nur hier zum Einsatz kommt. Ansonsten beschallt i&u die Sendung mit einer abgewandelten Version von "Ab in den Süden" ("Ab in die Ferne").

Die Fragen erinnern teilweise an die von "Wer weiß denn sowas?": Sie sind oft so skurril, das man eigentlich nur raten kann oder viel Glück haben muss, um sie beantworten zu können. Von der Stimmung der Pflaume-Show ist "Flieg mit mir" aber weit entfernt: Wo dort frenetisch jubelnde Zuschauer im Publikum sitzen, klatscht das Studio-Publikum bei Guido Cantz alles weg, was es wegzuklatschen gilt. Immerhin waren die Zuschauer noch in der Lage zu klatschen und sind im Verlauf der knapp 50-minütigen Sendung nicht eingeschlafen. Mit einbezogen wurden sie nämlich nicht und über die Witze von Guido Cantz konnten auch nur die wenigsten lachen.

Als es um eine Frage rund um Hawaii-Hemden ging und sich die Kandidaten auf ihr Bauchgefühl verlassen, konstatiert der Moderator: "Jetzt wäre ein Hemdgefühl besser gewesen als ein Bauchgefühl." Besonders witzig für Cantz: Die Kandidaten in den Teams sind unterschiedlich groß - da gehen immer ein paar Gags. Und als Zuschauer möchte man am liebsten die Hände vor dem Gesicht zusammenschlagen und den nächsten Flug mit Air Berlin buchen. Hauptsache ganz weit weg. Erstaunlich eigentlich auch, dass die Sendung "Flieg mit mir" heißt. Bei Wortwitze-König Guido Cantz würden sich auch einige andere Titel anbieten: "Cantz weit weg" zum Beispiel.

"Es ist nichts passiert"

Nach der Hälfte der Auftaktsendung ist der Moderator dann erstmals unfreiwillig komisch: "Es steht 1:1, es ist nichts passiert", sagt er und man kann ihm in diesem Punkt nicht widersprechen. Auch wenn die Kandidaten mal überhaupt keine Ahnung haben und dann völlig unerwartet tippen, nimmt Cantz das stoisch zur Kenntnis. "Ein Punkt für euch", sagt er dann. Wie soll da Stimmung im Publikum oder bei den Zuschauern zu Hause aufkommen? Als ein Kandidatenpaar nach einer halben Stunde endlich seinen zweiten Punkt holt, greift der Moderator tief in die 0815-Sprüche-Kiste: "So schnell geht das", sagt er ohne dabei eine Miene zu verziehen.

Während die Fragen in der ersten Spielrunde noch von netten Einspielern aufgelöst werden, geht es in der zweiten Runde schneller. Hier löst Cantz die Fragen einfach direkt auf, könnte aber auch dabei etwas weniger Dienst nach Vorschrift machen. Und auch der vermeintliche Höhepunkt wird überdeckt von einer Bräsigkeit, die die ganze Sendung prägt. Die zwei Gewinner-Singles bekommen ein Schild in die Hand und müssen damit aufzeigen, ob sie nun gemeinsam in den Urlaub wollen oder lieber das Geld nehmen. Dabei stehen sie nebeneinander und können alles sehen, was der andere macht. Gegebenenfalls könnten sie ihre Meinung da auch noch einmal ändern. Hier wäre es vermutlich tatsächlich besser gewesen, die Schattenwand vom Anfang noch einmal hervorzukramen.

Weil "Flieg mit mir" mit zu wenig Liebe und Leidenschaft gemacht ist, zu wenig Spaß versprüht und auch der Moderator nicht so recht in Urlaubsstimmung ist, wird die neue Quizshow am Freitagvorabend in den kommenden Wochen wohl eher keine Bäume ausreißen. 15 Folgen umfasst die erste Staffel der Quizshow. Damit stellt sich ja eigentlich nur noch die Frage, wem zuerst die Flügel gestutzt werden: "Flieg mit mir" oder Air Berlin?