Kommentatoren von Fußballspielen haben es nicht leicht. In einem Land, in dem 80 Millionen Bundestrainer leben, können die Herrschaften am Mikrofon schon mal reichlich Gegenwind zu spüren bekommen. Marcel Reif weiß ein Lied davon zu singen, Béla Réthy ergeht es kaum besser und auch Fritz von Thurn und Taxis zog jahrelang den Ärger vieler Fans auf sich. Wer die Kommentare in sozialen Netzwerken las, bekam durchaus Deftiges vor Augen geführt. Wüste Beschimpfungen, Häme und Spott standen auf der Tagesordnung, wenn Thurn und Taxis mal wieder für Sky auf Sendung ging. Doch irgendetwas hat sich verändert, seit der adlige Linzer, der eigentlich auf den schönen Namen Friedrich Leonhard Ignatius Josef Maria Lamoral Balthasar hört, angekündigt hat, das Mikrofon an den Nagel zu hängen.

Wo bislang die Kritik dominierte, macht sich plötzlich ein Hashtag breit: #FritzLove steht da geschrieben und je näher sein letztes Spiel rückt, desto mehr Anhänger scheint der Reporter, der das R schöner rollt als alle seine Kollegen, auf einmal um sich zu scharen. Tatsächlich gibt es allen Grund, Fritz von Thurn und Taxis zu vermissen. Denn ganz egal, ob er über das Wetter philosophierte ("Die Sonne scheint. Ich sehe sie nicht, denn es ist bewölkt"), mal wieder einen Spielernamen falsch aussprach ("Demmbellää") oder bloß das Publikum begrüßte ("Meine sehr verehrten Damen und Herren"), so war er doch stets unverwechselbar.

"Es ist einfach eine andere Sprache, die ich spreche. Ich kann einige Dinge einfach vergnüglich aussprechen", sagte er kürzlich nach einem seiner letzten Bundesliga-Spiele im Gespräch mit der Fußball-Website "FUMS", die den #FritzLove-Hype erst ins Rollen brachte und all die wunderbaren Zitate in Form von "Arbeitsnachweisen" für die Nachwelt aufbewahrte. "Heute bei Bičakčić bin ich ein paar mal gestolpert aber gut, ich habe ihn früher ganz falsch ausgesprochen. Und bei manchen lege ich einfach fest, wie sie heißen." Und so heißt besagter Dembélé bei Fritz von Thurn und Taxis eben Demmbellää, der langjährige HSV-Keeper Adler hört auf den schönen Vornamen "Rönné" und auch bei Sokratis Papastathopoulos war der Kommentator stets kreativ.

Ganz zu schweigen von all den herrlichen Namenszusätzen: "Papadopoulos, ein Bulle." Oder: "Caiuby, der Wuschelkopf." Und: "Osako, ein Schlängler." Zum japanischen Stürmer des 1. FC Köln hatte er dann auch gleich noch weitere Informationen parat: "So beweglich in der Hüfte. Er müsste eigentlich auch ein guter Tänzer sein." Und wo andere Kommentatoren sich bei Taktik-Analysen verausgabten, erzählte Thurn und Taxis lieber Anekdoten von früher, manchmal vielleicht eine zu viel, oder hin und wieder auch ein wenig Quatsch. Als das Stadion des HSV nach drei Heimspielen in Folge kürzlich nicht ganz ausverkauft war, hatte er seine ganz eigene Begründung parat: "Man muss ja auch noch ein bisschen essen."

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Die Leidenschaft, die er über Jahrzehnte hinweg in seinem Beruf an den Tag legte, ist mindestens so bewundernswert wie die Emotionen, die aus ihm herausbrachen, wenn aus dem Nichts ein Tor fiel. "Huiuiui", schrie er dann plötzlich und schob nicht selten ein inbrüstiges "Donnerwetter" hinterher. Fritz von Thurn und Taxis schaffte es sogar, die oft nervigen Programmhinweise unterhaltsam zu verpacken. "Sky ist sowieso das Non-Plus-Ultra. Aber jetzt gibt’s auch das Non-Plus-Ultra-HD", sagte er letztens. Oder: "Wenn Ihnen langweilig sein sollte – wir haben Tennis für Sie." Die Zweitkarte von Sky machte er seinen Zuschauern gar auf folgende Weise schmackhaft: "Vielleicht wird's dann bei ihnen daheim etwas einfacher."

Sprüche wie diese sind sein Markenzeichen geworden und machen ihn letztlich unverwechselbar und auf den letzten Metern seiner Karriere plötzlich so beliebt. Wenn Fritz von Thurn und Taxis mit dem Pokal-Finale zwischen Dortmund und Frankfurt an diesem Samstag also sein letztes Spiel für Sky kommentiert, dann verliert der Sender ein echtes Unikat. Und einen, der im Millionenspiel Fußball stets Mensch geblieben ist. "Am liebsten würde ich runterspringen und aushelfen da unten", sagte er im schwierigen Champions-League-Spiel der Dortmunder gegen den AS Monaco, kurz nachdem auf den Mannschaftsbus des BVB ein Anschlag verübt worden war, und man konnte förmlich spüren, dass der Mann mit Schnauzbart und Einstecktuch das vollkommen ernst meinte.

"Es war immer mein Ziel, den richtigen Moment zu erwischen", erzählte Fritz von Thurn und Taxis vor Saison-Beginn der "tz". "Den Punkt zu treffen, wo es noch ein bisserl wehtut, und an dem noch ein paar Leute sagen: Schade, dass er geht." Das sagen heute vermutlich mehr als er es damals auch nur im Ansatz zu träumen wagte. Ein schönes Happy End nach 46 Jahren beim Fernsehen. Oder wie Thurn und Taxis sagen würde: "Ein Drrrrraum!"