Gegen sinkende Auflagen soll wieder einmal ein Relaunch helfen: Der "Focus" liegt seit dem Wochenende in rundum erneuerter Form vor. Die Inhalte, das macht schon die Titelstory "So schützen Sie Ihr Herz" deutlich, bleiben jedoch gewohntes Infotainment, mal näher am "Spiegel", mal näher am "Stern". Eine neue Optik ist natürlich per se erst einmal kein Grund für steigende Auflagen. Aber sie ist der Rahmen für das, was man künftig vorlegen will und wie. Rahmen passt beim neuen "Focus" auch deshalb gut, weil man sich offenbar ein Stück weit vom "Spiegel" hat inspirieren lassen. Die Titelseite wird eingefasst von einem rot-weißen Rand. Doch während die Print-Branche sich über diese Anlehnung amüsiert und sie schon in ersten Kommentaren auf die Goldwaage legt, blicken wir doch mal in den neuen "Focus".



Beim ersten Durchblättern fällt auf: Es ist alles noch etwas plakativer geworden beim "Focus". Das muss nicht jedem gefallen, aber ist eine logische Weiterentwicklung der durch Infografiken, Kästen und Listen ohnehin immer schon sehr aufgelockerten Optik. Edel war der "Focus" nie, was dieser Relaunch manifestiert: Hier geht es pragmatisch zu. "Bereits seit Wochen haben meine Kollegen und ich Ihren ‚Focus‘ behutsam weiterentwickelt. Nicht aus Selbstzweck, sondern im Bestreben, Gutes noch besser zu machen", erklärt "Focus"-Chefredakteur Jörg Quoos im Editorial. "Den größten Schritt machen wir mit dieser Ausgabe, in der wir den treuen und den neuen 'Focus'-Lesern das Navigieren im Heft erleichtern wollen. Mit mehr Platz für News, Meinung, Menschen, Kolumnen und die angenehmen Dinge des Lebens."

Über die Verbesserung der Navigation kann man aber streiten: Statt wie bislang die kurzen Nachrichten als Hefteinstieg zu nutzen, sind die kleinteiligen Nachrichten-Seiten jetzt jeweils thematisch passend den Ressorts Politik, Report, Wirtschaft, Wissen, Auto&Technik und Kultur nachgelagert. Das macht in der Theorie Sinn und wirkt aufgeräumt, doch beim Durchblättern des neuen "Focus" landet man zwischen großen Geschichten immer wieder in der Kleinteiligkeit. Vielleicht aber ist das Springen in der Darstellungsform auch nur eine logische Konsequenz des plakativen Infotainments. Hier und da finden sich inhaltliche Neuerungen: Neue einspaltige Kolumnen und ein Namensregister gleich hinter dem Inhaltsverzeichnis.

Aber inhaltlich bewegt sich nicht so viel wie bei der Optik und Struktur. Das Design des "Focus" gefällt dabei übrigens durchaus. Es ist anders, nur eben nicht neu. Es wirkt gewöhnlich und pragmatisch. Die Optik des "Focus" ist weniger denn je ein passender Rahmen für Edelfedern. Sie ist stattdessen ganz auf anschauliches Infotainment zugeschnitten. Man könnte also sagen: So wie der "Spiegel" derzeit mit brisanten NSA-Stories zu sich selbst findet, hat auch der "Focus" zu sich gefunden - wenn er sich endgültig damit abfindet, inhaltlich nicht auf Augenhöhe mit der Hamburger Konkurrenz zu liegen. Ein Vergleich, den man zuletzt ohnehin nur noch bei Burda zog.