"Die Jahre unter ProSiebenSat.1 waren gut, sehr gut", sagt Dag Robert Jerijervi, Medienjournalist des norwegischen TV-Branchendienstes "Kampanje". Aber zusammen mit anderen Kollegen aus Skandinavien will er in New York beim Discovery-Upfront endlich Antworten auf die Frage: Was will Discovery Communications eigentlich mit den von ProSiebenSat.1 übernommenen SBS-Sendern? Immerhin geht es hier nicht um Factual-Spartensender, sondern Vollprogramme und sogar Radiosender. In New York gab es für die aus aller Welt angereisten Journalisten erste Antworten darauf. Ohnehin ging es fast ausschließlich um Europa. Ganz oben steht eine immer wieder wiederholte Botschaft: "Moving beyond the world of factual" oder wie es Dee Forbes, die Westeuropa-Chefin von Discovery, vor Ort formuliert: "Discovery will wachsen und wenn man sich nur auf Factual im PayTV beschränkt, ist das Wachstum irgendwann endlich."



An einem frühen New Yorker Morgen, wenige Stunden bevor Discovery den amerikanischen Kollegen und Werbekunden am Nachmittag ihre Programme für die nächste TV-Saison präsentieren, geht es im ersten Stock des Hotel Empire an der Upper West Side um das internationale Geschäft des Konzerns, dessen Geschichte 1985 mit nur einem Sender, dem Discovery Channel, begann. Noch vor wenigen Jahren spielte das internationale Geschäft für Discovery, wie für viele andere US-Player, keine gewichtige Rolle. Doch das hat sich geändert. "Wir werden internationaler", stellt David Zaslav, CEO von Discovery Communications fest und verdeutlicht: "Allein das internationale Geschäft war im Jahr 2012 stärker als das gesamte Discovery-Geschäft vor sechs Jahren". Das gestiegene Interesse an Märkten rund um den Globus hat einen guten Grund: Discovery Communications möchte bzw. muss als seit 2008 börsennotiertes Unternehmen  wachsen, doch in den USA ist das nur noch schwer möglich. Man feiert zwar einzelne Erfolge, wie die erfolgreiche Vitalisierung der Sendermarken TLC und Animal Planet.

Aber große Sprünge sind nicht mehr drin, wenn gleich man sich in New York am Nachmittag in einem ansonsten stagnierenden oder sogar schrumpfenden Markt noch als gut positioniert präsentiert und feiert. Also liegen die Hoffnungen zunehmend im internationalen Geschäft - und dort ganz besonders in Westeuropa. "Western europe is the new emerging market", war ein oft strapaziert Satz von CEO David Zaslav an diesem Donnerstag in New York. Nach Jahren der Begeisterung für die jungen Fernsehmärkte in Osteuropa, will man jetzt dort angreifen, wo das große Geld umgesetzt wird: Und das ist immer noch Westeuropa. "Die vergangenen sechs Monate waren für Discovery eine Zeit des Wandels", erklärt Mark Hollinger, CEO Discovery Networks International und damit für das internationale Geschäft verantwortlich. Seit einiger Zeit habe man schon das klassische Discovery-Portfolio ergänzt, etwa mit dem eher weiblichen Sender TLC in den USA und international oder in Lateinamerika sehr erfolgreich mit dem Kindersender Discovery Kids.

Diese Erfahrungen und der Wunsch nach Wachstum führten zu einer Konsequenz: "Wir haben die Entscheidung getroffen, dass Discovery mehr sein kann und will als eine Factual-Company in einer PayTV-Welt", so Hollinger. Vor diesem Hintergrund sei auch die Beteiligung an Eurosport mit der Option zur Übernahme in 18 Monaten und der Kauf der nordischen Sendergruppe SBS von ProSiebenSat.1 zu betrachten. Dem pflichtet Dee Forbes, Chefin des Westeuropa-Geschäfts, bei. Discovery will sich breiter aufstellen - und das gezielt auch im FreeTV. Der Werbemarkt bei den bestehenden FreeTV-Sendern, darunter DMAX in Deutschland, entwickele sich sehr gut, sehr schnell und spiele eine zunehmend wichtigere Rolle. In Deutschland, so DNI-Chef Hollinger, sei das Werbegeschäft im ersten Quartal 2013 um 20 Prozent gewachsen: "Wir sind gut unterwegs in Deutschland." Vom deutschen PayTV hingegen schwärmt niemand so recht - der Markt sei trotz großer Errungenschaften von Sky immer noch zu klein. Einen PayTV-Sender würde Discovery jedoch gerne noch starten in Deutschland: Die weltweit schon weit verbreitete Sendermarke TLC. 

"Es gibt zweifelsohne einen schwarzen Fleck auf der TLC-Landkarte und das ist Deutschland. Wir sind immer wieder in Gesprächen mit Sky, Unitymedia und KDG, um diesen Sender in Deutschland zu starten. Vielleicht bringt der Start in Großbritannien nochmal Bewegung rein", sagt DNI-Chef Mark Hollinger im Gespräch mit DWDL.de. Auf der Insel wird TLC in diesem Frühjahr starten - mit einem Oprah Winfrey-Programmblock, wie man ebenfalls in New York ankündigte. Für das Programm gibt Discovery Communications inzwischen übrigens weitaus mehr Geld aus als noch vor wenigen Jahren. Statt 500 Millionen Dollar waren es 2012 1,2 Milliarden Dollar, die in Programme für das weltweite Netzwerk gesteckt wurden. Das klingt, gemessen am Budget mancher deutschen Sender, nicht nach viel, aber Factual-Programme von Discovery sind wiederum auch billiger als Fiction, Nachrichten oder Sportrechte mancher Vollprogramme. Stichwort Sport: Hier sieht Mark Hollinger Potential in Deutschland. Das in Deutschland frei empfangbare Eurosport wolle man durch das existierende Sales-Team von DMAX bei der Werbevermarktung unterstützen.

Aber das ist noch nicht alles: In Deutschland kann sich Discovery offenbar noch mehr vorstellen. Angesprochen auf die wilde Spekulation, dass sich Discovery nach der Übernahme der nordischen SBS-Sender auch für das deutsche Geschäft von ProSiebenSat.1 interessieren könnte, lieferte der Discovery Networks International-Chef in New York eine überraschende Antwort, die so gar nicht dafür sorgen dürfte, die Spekulationen zu beenden. Im exklusiven Gespräch mit dem Medienmagazin DWDL.de sagt Mark Hollinger angesprochen auf ein mögliches Interesse am deutschen TV-Konzern: "Wir haben ProSiebenSat.1 bekanntlich sehr gut kennengelernt. Es gibt andauernde Gespräche darüber, was man gemeinsam machen könnte. Und über weitere Assets, die zum Verkauf stehen. Mehr kann ich an der Stelle nicht dazu sagen. Aber es ist eine sehr gute Geschäftsbeziehung und wir werden sehen. Ich meine, es ist sicherlich zu erwarten, dass ProSiebenSat.1 oder weitere Teile davon verkauft werden."

Eine Übernahme der ganzen deutschen Sendergruppe, scheint jedoch aufgrund der Größe eher unwahrscheinlich. Auch Hollinger selbst ergänzt: "Das hätte ein deutlich größeres Volumen als beim SBS-Kauf." Und den will man ja schließlich erst einmal umsetzen und dort Erfahrungen sammeln mit für Discovery ungewohnt breit aufgestellten TV-Programmen. Mit einem verschmitzten Lächeln ergänzt der Chef des internationalen Discovery-Geschäfts zum Ende des Gesprächs jedoch noch schnell: "Vor einem Jahr hat allerdings auch niemand damit gerechnet, dass wir SBS kaufen und bei Eurosport einsteigen."